Das war Dietz
Geschrieben am 23.08.2024 von HNF
Im Jahr 1975 war die Firma Dietz aus Mülheim an der Ruhr die Nummer 2 im Prozessrechner-Markt; sie mischte auch bei den Bürosystemen mit. 1982 gehörte sie zu der Spitzengruppe der deutschen Computerhersteller. Dann wurde sie von der norwegischen Norsk Data AS geschluckt. Heute stehen einige Dietz-Rechner in Museen, ansonsten ist das Unternehmen weitgehend vergessen.
Die älteste Hardware aus unserer Firma verwahrt die ETH Zürich. Es handelt sich um einen Transistor-Drehstromgenerator von 1962. Die Firma hieß damals Heinrich Dietz Industrie-Elektronik – Spezialbetrieb für Steuer-, Regel-, Meß- und Informationstechnik. Der im Namen genannte Heinrich Dietz, über den wir nur wenig wissen, gründete sie 1951 in Mülheim an der Ruhr; zuvor hatte er in einem Berliner Unternehmen und kurze Zeit in Bayern gearbeitet.
Sein Sohn Peter Dietz wurde am 24. Februar 1933 geboren. Er studierte Physik in Aachen und trat in die väterliche Firma ein. In den späten 1950er-Jahren hatte sie 25 Mitarbeiter und eine halbe Million DM Umsatz; ihre Produkte fielen in das Feld der Automatisierung. Peter Dietz führte das Unternehmen in die digitale Ära. 1965 bot es den von ihm entwickelten Computer Mincal 3 an. Von ihm entstanden rund dreißig Exemplare; die meisten verarbeiteten Daten, die in der Metallindustrie bei spektralanalytischen Untersuchungen anfielen.
1967 folgten die Modelle Mincal 4E und 4N, sie waren die ersten deutschen Prozessrechner mit integrierten Schaltungen. 1968 wurde Peter Dietz geschäftsführender Gesellschafter der Firma. 1970 erschien der Mincal 500, unterteilt in die Typen 513 und 523. Sie rechneten mit Worten der Länge 19 Bit, ein Bit enthielt das Vorzeichen. Der Kernspeicher fasste 8.000 Worte, dazu kam ein Festwert-Speicher für 1.280 Bit. Unser Eingangsbild zeigt den Mincal 513 des Computermuseums Stuttgart; das Foto nahm HNF-Geschäftsführer Dr. Jochen Viehoff auf. Hier stehen weitere Details zum Gerät, und das ist ein Video zu ihm.
Ein Erfolgsmodell war der Dietz 621 von 1971; bis 1974 wurden von ihm 450 Stück installiert. Insgesamt setzte die Firma bis 1975 rund 1.200 Systeme ab; im deutschen Prozessrechner-Markt lag nur die Digital Equipment Corporation vor ihr. In jenem Jahr fuhren 300 Mitarbeiter einen Umsatz von dreißig Millionen DM ein. Mit der Computerfamilie 600 betrat Dietz das Reich der Bürosysteme; dabei versorgte ein Rechner mehrere Bildschirm-Arbeitsplätze. Wir kennen das natürlich von Heinz Nixdorf in Paderborn.
In Mühlheim an der Ruhr musste Peter Dietz auch ab und zu Rückschläge einstecken. Eine hoffnungsvoll begonnene Kooperation mit dem Registrierkassen-Hersteller Anker endete 1976 durch den Konkurs des Bielefelder Partners. Zu einem Abenteuer geriet die Beziehung zum US-Unternehmen Dynastor. Es hatte ein neuartiges Diskettenlaufwerk erfunden, doch ließen sich die technischen Probleme nicht beheben. Den Dietz-Ingenieuren gelang es mit eigenen Mitteln, daraus eine funktionierende „Dietzdisk“ zu machen.
1981 verzeichnete die Mühlheimer Firma – sie hieß inzwischen Dietz Computer Systeme KG – einen Jahresumsatz von 55,5 Millionen DM. Peter Dietz wollte weiter in Forschung und Entwicklung investieren und suchte Kooperationspartner. Er fand dann die Norsk Data AS aus Oslo. Im Juli 1983 übernahmen die Norweger 80 Prozent des deutschen Unternehmens, Peter Dietz schied aus. Es entstand die Norsk Data Dietz GmbH und schließlich die Norsk Data GmbH mit Sitz in Bad Homburg. Sie verschwand 1993.
Nach der Tätigkeit als Geschäftsführer gründete Peter Dietz eine Beratungsfirma, außerdem lehrte er Informatik an der Technischen Universität Dortmund und fand Zeit für die eigene Promotion. Das ist ein kritischer Artikel, den er 1995 für die „Computerwoche“ schrieb. Im gleichen Jahr veröffentlichte er das Buch Aufbruchsjahre, eine kompakte Geschichte der westdeutschen Computer- und Software-Branche. 2003 folgte ein Werk über das Gebiet der Künstlichen Intelligenz. Peter Dietz starb am 22. Juli 2023.
Dietz-Rechner überlebten in Museen in Kiel und Stuttgart sowie im kalifornischen Mountain View; eine Dietz 621 befindet sich auch im Depot des HNF. Das Technische Museum von Oslo verwahrt Hardware zum CAD-System Technovision, das auf die Firma Dietz zurückgeht. Im Internet Archive ist eine ältere Seite zu ihren Computern erreichbar. Am Schluss bedanken wir uns herzlich bei Christian Dietz für die beiden Familienfotos.
Wie an anderer Stelle zu lesen ist hat sich Dietz ab ca. 1970 auch an Mikrocomputern versucht. An der FH Würzburg hatten wir davon einige und ich konnte 1974 meinen ersten Programmierkurs „programmieren von Kleinrechnern“ belegen. Damit ist mein 50 jähriges Jubiläum erreicht. Das exakte Modell ist mir leider nicht in Erinnerung aber man konnte 100 Maschinen Befehle speichern und typische Ingenieur Aufgaben rechnen.