125 Jahre KUKA – 50 Jahre Famulus

Geschrieben am 03.11.2023 von

Mit etwas Verspätung feiern wir zwei Jubiläen. Am 1. März 1898 wurde das Acetylenwerk Augsburg-Oberhausen Keller & Knappich gegründet; aus ihm entstand die KUKA AG mit der Tochtergesellschaft KUKA Roboter GmbH. 1973 stellte KUKA den Famulus vor, er war der erste Industrieroboter mit sechs elektrisch angetriebenen Achsen. Seit 2022 befindet sich KUKA in chinesischem Besitz.

Acetylen, auch Ethin genannt, ist ein farbloses Gas von großer industrieller Bedeutung. Es dient als Grundstoff zur Herstellung wichtiger Chemikalien und ebenso zum Schweißen und Brennschneiden. In vielen Kriminalfilmen sieht man Gauner, die mit einer Acetylenflamme einen Tresor knacken wollen. Das Gas lässt sich aber auch für Leuchtzwecke nutzen. Am Ende des 19. Jahrhunderts kam die Karbidlampe auf, die Acetylen verbrannte.

Noch nicht im KUKA-Orange: Schreibmaschine Princess 300 aus dem Jahr 1957

Am 1. März 1898 gründeten der Augsburger Johann Josef Keller und der aus dem Allgäu stammende Jakob Knappich das Acetylenwerk Augsburg-Oberhausen Keller & Knappich. Keller war 28 und Knappich 31 Jahre alt. Das Oberhausen im Titel ist nicht die Stadt im Ruhrgebiet, sondern der gleichnamige Vorort von Augsburg, der 1911 eingemeindet wurde. Die Firma baute zunächst Heiz- und Beleuchtungsanlagen; im neuen Jahrhundert kamen Schweißgeräte hinzu. 1902 wandelte sie sich in eine GmbH um.

Im Ersten Weltkrieg arbeitete die Keller & Knappich GmbH für die Rüstung. In den 1920er-Jahren stellte sie Fahrzeug-Aufbauten her, vor allem rotierende Trommeln für Müllwagen. Diese Abteilung hielt sich lange, das ist ein mehrteiliger Film über sie von 1968. Die jeweils nächste Folge erscheint rechts oben auf der YouTube-Seite. 1936 bot KUKA, wie die Firma nun meist genannt wurde, Punktschweißzangen an. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs zählte die Belegschaft über tausend Köpfe. Luftangriffe beschädigten die Werksanlagen schwer, mit 25 Mitarbeitern fing KUKA im Frieden neu an.

Ein KUKA-Famulus in Farbe und ohne Schweißgerät oder Greifer  (Foto KUKA Group)

Das Geschäft mit Fahrzeugen und Schweißanlagen entwickelte sich danach sehr gut. 1956 verkaufte KUKA die erste Vielpunkt-Schweißstraße an VW: Hier kann man sie im stummen Video sehen. Erfolgreich waren ebenso Reiseschreibmaschinen der Marke Princess; mit einer italienischen Lizenz produzierte man den Addierer Saldi. Für den skandalumwitterten Schützenpanzer HS 30 lieferte KUKA die 20-mm-Kanone. 1970 fusionierte die Firma mit der Industriewerke Karlsruhe AG. 1986 erfolgte die Gründung der KUKA Roboter GmbH.

In den 1960er-Jahren übernahm KUKA den Vertrieb amerikanischer Unimate-Roboter in Deutschland. Sie gelangten an die Fließbänder von Daimler-Benz, wie dieser Film aus den frühen Siebzigern zeigt. Wer scharf hinsieht, erkennt ab Minute 2:53 zwei Manipulatoren aus den USA. Ab 1969 entwickelte der Ingenieurstudent Victor Scheinman an der kalifornischen Stanford-Universität den Stanford-Arm. Er war der wahrscheinlich erste Roboter mit sechs Freiheitsgraden und elektrischem Antrieb – die Unimates arbeiteten noch hydraulisch. Auch zu ihm überlebte ein Film.

Dieser KUKA-Roboter spielte 2001/2002 in der HNF-Ausstellung „Computer.Gehirn“ Schach

Die KUKA-Ingenieure fassten dann die Erfahrungen mit den Unimates und die Forschungen von Victor Scheinman zusammen. 1973 konstruierten sie den Famulus, er ist in unserem Eingangsbild zu sehen (Foto KUKA Group). Das lateinische Wort bezeichnet einen Diener, Gehilfen oder Knecht. Der Famulus besaß sechs Achsen und trug ein Punktschweißgerät; wie der Stanford-Arm enthielt er Elektromotoren. Er könnte der erste Industrieroboter made in Germany gewesen sein. Der erste im Einsatz war wohl Robby, der ab Herbst 1973 im Volkswagenwerk arbeitete. Das Video aus dem Jahr 1976 zeigt ihn bei Minute 3:30.

Sicher ist, dass damals bei uns eine neue Ära der Fertigungstechnik begann. Das belegt auch ein Film, der 1974 an der Technischen Universität Berlin entstand, bitte zu Minute 2:55 gehen. KUKA brachte nach dem Famulus die Roboter IR 600/60, 601/60 und 602-60 heraus, die primär in der Autoproduktion eingesetzt wurden. Die drei Modelle und ihre Nachfolger machten die Augsburger Firma zu einem Global Player. Einen Überblick über die Industrieroboter-Szene bietet die Wikipedia.

Der muss noch wachsen: ein KUKA-Modell aus dem HNF-Depot

Zu der komplexen KUKA-Geschichte verweisen wir auf die gleiche Quelle, die aktuelle Lage wird hier behandelt. Den 125. Geburtstag feierte das Unternehmen im Juli, es kam auch der chinesische Botschafter. Der Grund ist klar: Seit 2016 wurde KUKA in chinesischen Besitz überführt. Das Verfahren dürfte inzwischen abgeschlossen sein; letztes Jahr verschwand die KUKA-Aktie von der Frankfurter Börse. Zum Schluss bedanken wir uns bei Teresa Fischer und der KUKA Corporate Communications für die zwei Famulus-Fotos.

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