50 Jahre Informatik in München

Geschrieben am 26.09.2017 von

Die TH München war die erste westdeutsche Hochschule, die sich einen Computer baute. 1956 ging die Programmierbare Elektronische Rechenanlage München PERM in Betrieb. Ab dem Wintersemester 1967/68 bot man einen Studiengang Informationsverarbeitung an. Die Vorlesung zur Einführung hielt der Computerpionier Friedrich L. Bauer. Im Jahr 1970 richtete die Hochschule auch eine Professur für Informatik ein.

Wo in Deutschland konnte man zuerst Rechentechnik studieren? Wahrscheinlich im Institut für Praktische Mathematik der Technischen Hochschule Darmstadt. Alwin Walther leitete es von 1928 bis 1966. Man konzentrierte sich lange Jahre auf das analoge Rechnen. 1967 verschwand das Institut. 1956 wurde in der TH Dresden ein Institut für maschinelle Rechentechnik gegründet; an der Spitze stand Nikolaus Lehmann. Im selben Jahr nahm Lehmanns digitaler Elektronenrechner D1 den Betrieb auf.

Auch Karl Steinbuchs Institut für Nachrichtenverarbeitung und -übertragung in Karlsruhe war 1958 recht früh dran. Er entwickelte die Lernmatrix, vielleicht das erste neuronale Netz. 1963 schuf die TH Hannover einen Lehrstuhl für elektronische Rechenanlagen; der Professor war Wolfgang Händler. 1966 wechselte er nach Erlangen ins Institut für mathematische Maschinen und Datenverarbeitung. Faktisch befassten sich alle Adressen mit Informatik. In den akademischen Betrieb drang das Wort aber erst 1968 ein.

Das konnte man 1967 in München oft sehen: Baustellen für die U-Bahn. Diese hier ist in der Ludwigstraße an der Bayerischen Staatsbibliothek (CC BY-SA 3.0).

Wenn nun die Technische Universität München 50 Jahre Informatik feiert, so kehrt sie in die Zeit zurück, als Computer oft noch Elektronengehirne hießen. Im Wintersemester 1967/68 bot die TH München im Mathematikstudium ein Nebenfach Informationsverarbeitung an. Die Anfängervorlesung hielt der Mathematiker Friedrich L. Bauer. Sie ging über zwei Semester und wurde von 30 Studenten gehört. Bald kamen mehr. Die Vorlesung wurde jedes Jahr wiederholt; der Zyklus 1969/70 lief unter dem Titel „Einführung in die Informatik“.

Computer gab es an der Isar schon länger. Eine Liste von 1966 nennt zwei Zuse-Rechner im Geodätischen Institut und eine LGP-30 bei den Kristallographen. Der Stolz der TH München war aber die Programmierbare Elektronische Rechenanlage München. Die PERM war eine der ersten Denkmaschinen in einer westdeutschen Hochschule, auf jeden Fall die erste, die Angehörige der Hochschule selbst bauten. Sie enthielt 2.400 Röhren; als Arbeitsspeicher diente eine Magnettrommel. Von 1956 bis 1974 tat sie ihre treuen Dienste; seit 1988 steht sie im Deutschen Museum.

Friedrich L. Bauer und der Informatiker Franz Schweiggert im Jahr 1980 vor der PERM  (Foto Deutsches Museum)

Erster Großrechner war die Telefunken TR4 der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Sie stand nahe der Hochschule im Rechenzentrum der Akademie, das ab 1966 den Namen Leibniz-Rechenzentrum trug. Die TR4 enthielt Transistoren und ging 1964 in Betrieb. In den Siebzigern kam eine AEG-Telefunken TR 440 hinzu. Sie vertrug keine hohen Temperaturen und stürzte im Sommer fast täglich ab. Heute sitzt das Rechenzentrum in Garching; seine Systeme belegen Platz 40 und 41 der Top-500-Liste der Supercomputer.

1970 erhielt die TH München den neuen Namen Technische Universität und mit Manfred Paul den ersten ordentlichen Professor für Informatik. Auch die innerstädtische Konkurrenz, die Ludwig-Maximilians-Universität, bekam einen Lehrstuhl; Inhaber war Gerhard Seegmüller. Ab 1974 gab es an beiden Hochschulen ein Institut für Informatik. Das TU-Institut rückte 1992 zur Fakultät auf, das der LMU ist noch mit Mathematikern und Statistikern zusammen.

Pack‘ ma’s! TUM-Präsident Wolfgang Herrmann mit Amtskette beim ersten Spatenstich der neuen Informatik-Fakultät im Jahr 2000 (Foto Technische Universität München)

Das wohl wichtigste Ereignis für die Informatiker der Technischen Universität war 2002 der Umzug in den Vorort Garching. Hier liegen die wissenschaftlichen Fakultäten der TU, die seit 2006 auch mit der U-Bahn erreichbar sind. Zwei von ihnen zeigt unser Eingangsbild (Foto Scharger, Albert/TUM). Die Geschichte der TU-Informatik ist exzellent dokumentiert. Wir empfehlen vor allem einen Blick in die Fotogalerien. 2007 erschien eine dicke Festschrift zum damaligen 40. Geburtstag, die in voller Länge online vorliegt.

Ihr verdanken wir – siehe pdf-Seite 182 – ein wunderschönes Dokument, die allererste Homepage der TUM. Die dort überlieferte Version stammt aus dem Jahr 1995. Oben heißt es: „Herzlich willkommen im Hypermedia-Informationssystem an der Technischen Universität München in Deutschland.“ In jenem System finden wir noch die TU-Website von Ende 1996. Beim Überprüfen der Links entdeckten wir unter anderem eine Flugzeug-Animation, die noch wie anno 1994 funktioniert, als sie in München programmiert wurde.

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