Der Roboter der mit dem Schwanz wedelte
Geschrieben am 10.05.2024 von HNF
Sony bringt vierbeinigen Unterhaltungsroboter heraus: Das teilte eine Pressemeldung der japanischen Firma am 11. Mai 1999 mit. Der Roboter war ein künstlicher Hund. Er besaß eine gewisse Intelligenz und hieß Aibo, was man mit Freund oder Partner übersetzen kann. Bis 2006 erschienen 150.000 Stück in mehreren Baureihen. Im Jahr 2018 wurde die Produktion wieder aufgenommen.
So neu ist er nicht. Seit 1912 wohnen Kunsthunde im Kybernetikzoo; es gibt herausragende Schöpfungen wie den französischen Philidog von 1928 oder den amerikanischen Sparko aus dem Jahr 1940. Ein niederländischer Ingenieur entwickelte 1958 einen elektronischen und durchsichtigen Wauwau; der blecherne Arfur trat 1981 im englischen Fernsehen auf.
Diese Apparate waren Einzelkonstruktionen. Der erste serienmäßige Hunderoboter wurde am 11. Mai 1999 in Tokio präsentiert, die Pressekonferenz ist im Video überliefert. Er kam von der Firma Sony und trug den Namen AIBO. Er stand für „Artificial Intelligence roBOt“, Roboter mit Künstlicher Intelligenz. Das Wort heißt in der japanischen Sprache auch Freund oder Partner, wir werden ab jetzt Aibo schreiben. Der Vierbeiner entstammte dem Sony-Laboratorium D21 und dem 1988 gegründeten Informatiklabor CSL. Das ist ein Patent für ihn aus dem Jahr 1997, ein Fernsehbericht vom Juni 1998 zeigt Prototypen.
Ein Aibo war 26,6 Zentimeter hoch, 15,6 Zentimeter breit und 27,4 Zentimeter lang – der Schwanz ist nicht mitgezählt. Der Roboter war voll beweglich und stand allein auf, wenn er stolperte; der Akku reichte für anderthalb Stunden. Im Inneren saßen ein RISC-Prozessor für 64 Bit und ein Arbeitsspeicher mit sechzehn Megabyte. Weitere acht Megabyte fasste ein Programm-Stick. Aibo verfügte über eine ganze Batterie von optischen, akustischen und taktilen Sensoren sowie Wärme- und Bewegungsmeldern, er erzeugte auch Töne.
Er äußerte sich zudem durch Lichtsignale und lernte durch Lob und Tadel des Herrchens oder Frauchens hinzu; Sony lieferte dafür einen „Sound Commander“. So entwickelte jeder Aibo eine eigene Persönlichkeit. Spezielle Bewegungsabläufe ließen sich am heimischen Computer programmieren, der Aibo war IBM-kompatibel. Der SPIEGEL schrieb im Juni 1999: „Er dribbelt mit Bällen wie ein echter Jack-Russell-Terrier, kläfft wie ein Spitz, kennt so viele Gefühlsäußerungen wie ein Chihuahua, gehorcht wie ein Labrador und lernt dank seines Memory Sticks so eifrig wie ein Afghane.“
Das alles kostete 2.500 Dollar. Sony produzierte 3.000 Vierbeiner für den japanischen und 2.000 für den amerikanischen Markt und bot sie am 1. Juni 1999 im Internet an. Die Ur-Aibos vom Typ ERS-110 waren in vier Tagen ausverkauft, in Japan nach zwanzig Minuten. Im November 1999 folgte das Modell ERS-111; von ihm wurden 40.000 Stück abgesetzt. Ein Teil gelangte auch an Kunden in Europa und in Deutschland. Der Aibo ERS-210 von Ende 2000 besaß Spitz- statt Schlappohren und bunte Farben, er fand mehr als 65.000 Käufer.
Die Modelle ERS-311 und ERS-312 erhielten im September 2001 ein knuddeliges Welpen-Design, die Technikfans konnten sich im November über den silbrigen ERS-220 freuen. Mit dem ERS-7 kehrte Sony im November 2003 zum klassischen Aibo-Stil zurück. 2006 stoppte die Firma die Produktion der Roboterhunde; seit 1999 waren 150.000 von ihnen gefertigt worden. 2018 kehrte der Aibo aber zurück; das lebensechte Modell ERS-1000 kostete knapp 3.000 Dollar, verstand fünfzig Kommandos und erkannte hundert Gesichter.
In den 2000er-Jahren erfreuten die Aibos Tausende von Zuschauern bei Fußball-Turnieren. Auch in Deutschland wurden Teams gebildet wie die Darmstadt Dribbling Dackels der Technischen Universität. Beim RoboCup 2005 in Osaka kam es zu einem Herzschlagfinale, das die deutschen Roboter für sich entschieden; hier geht es zum ersten, zum zweiten und zum dritten Teil. Das HNF richtete damals die RoboCup German Open aus. Auch dazu ist das Endspiel von 2005 überliefert; das war die erste und das die zweite Halbzeit.
Neben der Künstlichen-Intelligenz-Forschung befruchteten die Aibos den Spielzeugmarkt. Es entstanden größere und kleinere Nachbauten, die weniger kosteten als das Sony-Original, etwa der i-Cybie, der Poo-Chi oder die Roboterwelpe Tekno. Zum i-Cybie liegt im Internet die Gebrauchsanleitung vor. Wer auf Amazon das Suchwort Roboterhund eingibt, findet die aktuellen Angebote. In jüngster Zeit wurden martialische Vierbeiner für Polizei und Militär entwickelt; wir beschränken uns – siehe unten – auf ein Produkt für die US Air Force.
Das CSL (Computer Science Laboratory) hatte nichts mit dem AIBO zu tun. Er wurde in den Corporate Laboratories bei der Sony Corporation in Tokio geboren.
Besten Dank für den Hinweis! Das haben wir korrigiert.