Die Geburt von „Metropolis“

Geschrieben am 23.05.2025 von

Am 22. Mai 1925 begannen in Neubabelsberg bei Potsdam die Aufnahmen für „Metropolis“. Der im Januar 1927 uraufgeführte Streifen ist ein Monument der Filmgeschichte und ein Meilenstein des Science-Fiction-Kinos. Weltbekannt wurde die darin auftretende Roboterin. Seit Februar 2025 kann man im Netz den Roman zum Film lesen, den die Drehbuchautorin Thea von Harbou 1926 vorlegte.

Freder Fredersen ist der Sohn von Joh Fredersen, dem Herrscher der futuristische Stadt Metropolis. Er verliebt sich in die Predigerin Maria, die den Arbeitern von Metropolis zur Seite steht. Zur gleichen Zeit vollendet der Erfinder Rotwang den Prototyp eines weiblichen Roboters, wie in unserem Eingangsfoto angedeutet. Fredersen senior veranlasst Rotwang, ihm die Gestalt und die Züge von Maria zu verleihen. Die Maschinenfrau wird zur Androidin, die dem menschlichen Vorbild absolut gleicht.

Die künstliche Maria macht die Playboys von Metropolis verrückt, außerdem hetzt sie die Arbeiter zum Maschinensturm auf. Dadurch stoppen auch die Pumpen, die das Grundwasser fernhalten. Die unterirdischen Quartiere der Arbeiter werden überflutet, und es scheint, dass ihre dort zurückgelassenen Kinder umkamen. Die Arbeiter verbrennen deshalb die falsche Maria, doch wurden die Kinder längst von der echten und von Freder und seinem Freund Josaphat gerettet. Am Ende kämpfen Freder und Rotwang noch auf dem Dom von Metropolis, und Rotwang stürzt zu Tode.

Thea von Harbou in den 1920er-Jahren

Das ist in kurzen Worten die Handlung des Films Metropolis, der am 10. Januar 1927 in Berlin seine Premiere erlebte. Die Dreharbeiten starteten vor hundert Jahren, am 22. Mai 1925, in den Studios der Produktionsfirma Ufa in Neubabelsberg; heute heißt der Ort Babelsberg und gehört zu Potsdam. Der Regisseur des Films war der 1890 in Wien geborene Fritz Lang. 1918 zog er nach Berlin und heiratete 1922 die zwei Jahre ältere Schauspielerin und Autorin Thea von Harbou. Sie verfasste das Drehbuch für „Metropolis“.

Die Hauptrollen des Films übernahmen die bei Drehbeginn siebzehn Jahre alte Brigitte Helm und der 23-jährige Gustav Fröhlich. Den Erfinder Rotwang verkörperte Rudolf Klein-Rogge, Joh Fredersen spielte Alfred Abel. „Metropolis“ kostete rund fünf Millionen Reichsmark; davon entfielen 1,6 Millionen auf Gagen und Löhne für Tausende von Komparsen. Die Dreharbeiten endeten am 30. Oktober 1926. Der Film dauerte knapp zweieinhalb Stunden, er lief aber nur in einem Berliner Kino und wurde im Mai 1927 abgesetzt. Im August 1927 kam eine um ein Viertel gekürzte Version landesweit heraus, die wie die Erstfassung floppte.

Die Maschinenfrau, nachgebaut für das Berliner Filmmuseum

Seit 2010 liegt „Metropolis“ wieder fast vollständig vor. Ein Höhepunkt der Films ist ohne Zweifel die Szene mit Rotwang, Joh Fredersen und der Maschinenfrau; aus ihr entstand später der Roboter C-3PO im Krieg der Sterne. In Metropolis gibt es Schreibtische mit Druckknöpfen, Bildtelefone sowie Hochstraßen und eine gewaltige Architektur, doch damit sind die Innovationen erschöpft. Es wird nie klar, was die Arbeiter eigentlich herstellen und warum sie sich in der Zukunftswelt so quälen müssen.

Schon im August 1926 druckte „Das Illustrierte Blatt“, eine Wochenzeitung in Frankfurt am Main, die erste Folge eines Metropolis-Romans; am Jahresende erschien er in Berlin als Buch. Die Verfasserin hieß Thea von Harbou. Im Jahr 1984 gab der Science-Fiction-Autor und Computerkunst-Experte Herbert W. Franke den Roman als Taschenbuch neu heraus; diese Edition ist seit Februar 2025 auf der Internet-Seite vom Projekt Gutenberg nachlesbar. Online ist ebenso die englische Übersetzung von 1927.

Metropolis-Modell ebenfalls im Berliner Filmmuseum, das 2024 schloss.

Wie man sich denken kann, hängen Buch und Film inhaltlich zusammen, und wir können den Roman „Metropolis“ den Freunden der Zukunftsstadt empfehlen. Er bringt manches, was in der Kinofassung fehlt, es tritt zum Beispiel Joh Fredersens Mutter auf. Der Roman enthält viel Esoterik; wir treffen bereits im ersten Kapitel die Sekte der Gotiker, die der Mönch Desertus anführt. Meister Rotwang verwendet wie Goethes Faust das Pentagramm, einen auf der Spitze stehenden fünfzackigen Stern, der vor bösen Geistern schützt.

Den Stern finden wir auch in der Szene mit der Maschinenfrau. Die Roboterin im Roman ist etwas anders als die im Kino, was Kapitel 4 belegt: „Das Wesen war ein Weib, unzweifelhaft. In dem zarten Gewande, das es trug, stand ein Leib wie der Leib einer jungen Birke, auf geschlossenen Füßen wankend. Aber obwohl es ein Weib war, war es kein Mensch. Wie aus Kristall gemacht erschien der Körper, den die Gebeine silbern durchleuchteten. Kälte strömte aus von der gläsernen Haut, die nicht einen Tropfen Blut verwahrte.“

Thea von Harbous Roman von 1926

„Die schönen Hände hielt das Wesen mit einer Gebärde der Entschlossenheit, beinahe des Trotzes, gegen die Brust gedrückt, die sich nicht regte. Aber das Wesen hatte kein Gesicht. Die edle Biegung des Halses trug einen Klumpen lässig geformter Masse. Der Schädel war kahl, Nase, Lippen, Schläfen nur angedeutet. Augen, wie auf geschlossene Lider gemalt, starrten blicklos mit dem Ausdruck eines stillen Wahnsinns…“ Die Verwandlung in die sehr humanoide künstliche Maria schilderte Thea von Harbou nicht näher.

Ihr Film liegt heute auf YouTube vor; die englische Fassung ist sogar koloriert. Diese Seite widmet sich der Maschinenfrau und ihrem Schöpfer Walter Schulze-Mittendorff. Auf YouTube ist auch eine Ansprache von „Metropolis“-Regisseur Fritz Lang aus dem Jahr 1927 erhalten. Fritz Lang und Thea von Harbou ließen sich 1933 scheiden; der Regisseur starb 1976 in Beverley Hills, seine frühere Frau kam 1954 durch einen Unfall in Berlin ums Leben. „Metropolis“ wurde 2001 in das Weltdokumentenerbe der UNESCO aufgenommen.

Metropolis-Mobil: Für seinen Film erwarb Fritz Lang eine ganze Flotte von Tropfenwagen des Flugzeugbauers Edmund Rumpler, die am Ende alle verbrannt wurden.

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