Die lange Nacht der Computer

Geschrieben am 04.12.2018 von

Zwei Jahre war das Heinz Nixdorf MuseumsForum alt, als in seinen Räumen eine Großveranstaltung über die Bühne ging. Am 5. und 6. Dezember 1998 fand die erste WDR-ComputerNacht statt. Neben dem Nikolaus erschienen 63 Aussteller und ihre Teams sowie mehr als 2.000 Besucher. Auf die Premiere folgten 1999 und 2001 zwei weitere Museumsnächte zur Informationstechnik.

Es begann 1981: Damals starteten im deutschen Fernsehen zwei Computersendungen. Der Bayerische Rundfunk strahlte die Spielshow Alpha 5 aus; das Konzept entwickelte Wolfgang Rudolph. Im gleichen Jahr behandelte die Reihe eff-eff im 3. Programm des WDR erstmals Elektronenrechner. Verantwortlich war Wolfgang Back. Daraus wurde dann der Know How Computerclub, den ab 1983 beide Wolfgangs gemeinsam moderierten. Von 1988 an hieß er nur noch Computerclub.

Wolfgang Back in Aktion. (Foto: Jan Braun, HNF)

Der Club lief und lief und lief; Ende 1998 stand die 250. Folge an. Das führte zur Idee einer größeren Veranstaltung – im HNF, wie das Eingangsbild zeigt (Foto: Jan Braun, HNF). Im Oktober 1998 lag der Termin fest und wurde im Fernsehen verkündet. Die Karten waren in wenigen Tagen ausverkauft. Am 30. November erwähnte auch der SPIEGEL das Event und sprach von einem wahren High-Tech-Festival: „Von 23.30 Uhr bis Sonntag früh um 6.15 Uhr übertragen WDR, Phoenix, Deutschlandradio und Deutsche Welle die ‚ComputerNacht‘ aus dem Heinz Nixdorf Museum in Paderborn.“

Ein Wintereinbruch mit Eis und Schnee sorgte dafür, dass statt der angemeldeten 2.300 Besucher nur etwas mehr als 2.000 an die Pader gelangten. Die meisten Interessenten erlebten die WDR-ComputerNacht live im Fernsehen. Bundesweit waren es rund 640.000 Zuschauer, in Nordrhein-Westfalen 300.000. Der WDR sendete von 23.30 Uhr bis 6.15 Uhr aus den Ausstellungsetagen und dem Foyer. Der TV-Kanal Phoenix und der Deutschlandfunk übertrugen die Diskussionen im Auditorium.

Wolfgang Rudolph und Horst Zuse an der Zuse Z11 des HNF. (Foto: Jan Braun, HNF)

Die Deutsche Welle verschickte alle Aktionen als Internet-Livestream, auf Chinesisch auch ins Reich der Mitte. Die Website zur ComputerNacht generierte 2.035.213 Hits, die gespiegelte Seite noch einmal 1.170.245. Leider wurden die alten Versionen von www.ccnacht.de und ccnacht.paderlinx.de nirgends gespeichert. 4.000 Mails erreichten in der Nacht den Server. Last not least berichteten auch die Funkamateure direkt aus dem HNF.

Das Museum eröffnete das Nacht-Programm um 21.15 Uhr, als Museumsleiter Norbert Ryska und das WDR-Team die Besucher willkommen hießen. Um 21.55 Uhr begann im Auditorium schon eine Diskussion über das Betriebssystem Linux. Fünf Minuten später standen die ersten Vorführungen in der Dauerausstellung an. Parallel dazu starteten im Nachbargebäude die Vorträge, Präsentationen und Workshops der Universität Paderborn. Die ganze Nacht hindurch erstrahlten die 3D-Projektionen im Software-Theater.

Grafik-Guru Kai Krause führte in der ComputerNacht seine Morphing-Show vor. (Foto: Jan Braun, HNF)

Den Showteil bestritten drei Bands, eine Tanzgruppe und der Schauspieler und Conférencier Heiko Grosche aus Paderborn. Im HNF waren sechzig Ausstellungsstände aufgebaut; vertreten waren unter anderem Vereine, Verlage, Sender, Medien- und Computerfirmen. Die Linux-Freunde hatten ein Cluster aus sage und schreibe 512 Systemen aufgebaut – das war Weltrekord. Vergessen wollen wir auch nicht den Auftritt von Sankt Nikolaus. Er konnte in der ComputerNacht Preise im Wert von 90.000 DM verlosen.

Der Nachwelt überliefert ist die Nacht in einer Anzahl Fotos und dem Programmheft im HNF-Archiv. Die nächsten beiden Computernächte gab es 1999 und 2001; zu der von 2001 existiert auch ein Film. Den WDR Computerclub gibt es leider nicht mehr. Am 22. Februar 2003 wurde die letzte Folge ausgestrahlt. Das Bild unten zeigt noch einen Stargast der Nacht von 1998, den Astronauten Ulf Merbold. Im Foto ist er im All, an Bord der Raumstation MIR im Jahr 1994. Rechts schwebt sein Kollege Waleri Poljakow.

(Foto European Space Agency)

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