Erinnerungen an den Fürstenweg

Geschrieben am 08.04.2022 von

Am 9. April können wir wieder den Geburtstag von Heinz Nixdorf feiern. Im Frühjahr 2022 kommt noch ein rundes Jubiläum hinzu: Im März 1972 wurde die neue Zentrale der Nixdorf Computer AG fertig. Sie lag am Paderborner Fürstenweg, der erst ab 1976 den Namen Fürstenalle trug. Heute beherbergt das Gebäude mit der Hausnummer 7 das Heinz Nixdorf MuseumsForum.

Heinz Nixdorf, das dürfte bekannt sein, wurde am 9. April 1925 in Paderborn geboren. 1952 gründete er in Essen seine erste Firma, das Labor für Impulstechnik. Einige Jahre später zog sie in seine Heimatstadt um, ab 1961 belegte sie ein neu errichtetes Gebäude im Westen Paderborns. 1968 schuf er die Nixdorf Computer AG, in der das Labor aufging. Es zeichnete sich schon ab, dass die Zentrale in der Pontanusstraße bald zu klein sein würde.

Im Oktober 1969 stellte Heinz Nixdorf den Bauantrag für eine neue Hauptverwaltung. Im August 1970 begannen die Bauarbeiten, einen Monat später wurde das Richtfest gefeiert. Der Architekt Hans Mohr hatte zuvor unter anderem das Haus der Volksbank Paderborn entworfen, welches außerdem die Westfälischen Kammerspiele aufnahm. Die geplante NCAG-Zentrale übernahm Konzepte des Architektur-Stars Ludwig Mies van der Rohe, etwa die hängenden Glasfassaden. Mindestens eine Idee stammte von Heinz Nixdorf persönlich: Er ließ Rolltreppen einbauen, da ihn das Warten vor Aufzügen störte.

Der Neubau lag im Nordwesten der Stadt am Fürstenweg 7. Es gab eine Fürstenallee in der Nachbargemeinde Schloß Neuhaus, die damals noch eigenständig war. Sie endete an der Paderborner Stadtgrenze, die nicht weit von der NCAG-Zentrale verlief. Die Fortsetzung auf Paderborner Gebiet trug seit 1899 den Namen Fürstenweg. 1975 vergrößerte sich die Stadt durch Eingemeindungen und schluckte dabei auch Schloß Neuhaus. Der Schlussteil des Fürstenwegs verlor seinen alten Namen und wurde ebenfalls zur Fürstenallee.

Im August 1971 zogen die ersten Nixdorf-Mitarbeiter in die halbfertige Hauptverwaltung; vielleicht saßen sie im niedrigen Vorbau. Ganz fertig wurde das Gebäude im März 1972. Ab 1975 nahmen die Produktionshallen der NCAG in der Nähe der Hauptverwaltung den Betrieb auf. 1990 fusionierte die Firma mit der Computerabteilung von Siemens; ein eigenes Hauptquartier war nicht mehr erforderlich. Gerettet wurde das Gebäude letztlich durch die Umwandlung in das größte Computermuseum der Welt, das Bundeskanzler Helmut Kohl am 24. Oktober 1996 eröffnete.

Für alle, die weiter in der Zeit zurückfahren möchten, folgt ein Film vom Spätsommer 1972. Eine Bundestagswahl stand an, und ein Team des TV-Magazins Panorama begleitete einen prominenten Wahlkämpfer: SPIEGEL-Chef Rudolf Augstein bewarb sich in und um Paderborn um einen Sitz im Bonner Parlament. Bei Minute 5:35 sehen wir ihn im Haus am Fürstenweg; die Aufnahme könnte die erste sein, die Heinz Nixdorf im deutschen Fernsehen zeigte. Leider ist nicht zu verstehen, was er dem Besucher aus Hamburg sagte.

Augstein kam dann über die Landesliste der FDP in den Bundestag, wo er es aber nur drei Monate aushielt. Zum Schluss bringen wir Baustellenfotos von 1970 bis 1972 aus dem HNF-Archiv; das Eingangsbild oben entstand 1984. Hier geht es zu zwei eher unbekannten Fotos der NCAG-Zentrale aus dem Jahr 1975; man beachte die Ortsangabe „Fürstenweg“.  Weitere Informationen zum Leben und Werk von Heinz Nixdorf und auch zu seinen Firmenzentralen enthält die Biografie, die HNF-Kurator Dr. Christian Berg verfasste.

Heinz Nixdorf auf der Baustelle seiner ersten Firmenzentrale in der Pontanusstraße

Ein Jahrzehnt später auf dem Dach der neuen Hauptverwaltung am Fürstenweg

Heinz Nixdorf und der Polier der Baufirma Köthenbürger, Heinrich Poguntke, 2. März 1971.

Richtfest im September 1970. Links erkennt man die Skyline von Paderborn mit dem Dom.

Der Rohbau der Firmenzentrale noch im Rohzustand

Hau ruck! Im Frühjahr 1972 werden Fassadenteile montiert.

Der Vorbau ist fast festig.

In Farbe sieht alles noch schöner aus – ein Foto vom März 1972 bietet Einblicke ins Haus.

 

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4 Kommentare auf “Erinnerungen an den Fürstenweg”

  1. Karl Pichler sagt:

    Meine Frau Beatrix Pichler (Peters) arbeitete noch in diesen halbfertigen Verwaltungsgebäude. Es war kalt. Gearbeitet wurde im Wintermantel. Ab 1.1.72 hat sie ihre Stelle bei Nixdorf Wien angetreten. Da war es etwas wärmer. Dort lernten wir uns kennen. Ab 76 habe ich dann bei der GS Paderborn gearbeitet. Von SNI bis Siemens war mein beruflicher Weg gekennzeichnet.

  2. Laura sagt:

    Toller Rückblick! Vielen Dank!

  3. Für Heinz Nixdorf war das Thema „Verkehrsfluss“ insgesamt wichtig. Nicht nur, wie die Mitarbeiter im Gebäude zeitgünstig von A nach B kommen, sondern auch die An- und Abfahrt von Tausenden von Produktionsmitarbeitern am Heinz Nixdorf Ring. Auch den Ablauf von Probealarmen überwachte Nixdorf persönlich vom Dach der Produktionshallen

  4. Auf dem Photo, das Heinz Nixdorf auf der oberen Etage des Gebäudes an der Fürstenallee zeigt, sieht man zu seinen Füssen kreisrunde Bohrungen in der Betondecke. Davon gab es im Gebäude 4000 Stück. Sie sollten einer besseren Lüftung und/oder Verkabelung zwischen den Etagen dienen. HNF-Architekt Prof. Gerd Diel meinte: Wieso hat die Feuerwehr nicht eingegriffen…das Gebäude hätte gebrannt wie ein Grill. Er ließ folgerichtig 4000 „Betonpfropfen“ gießen und verschloss den Makel.

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