Erinnerungen an Macromedia

Geschrieben am 05.07.2022 von

Vor dreißig Jahren, am 10. Juli 1992, schlossen sich die beiden amerikanischen Software-Firmen MacroMind und Authorware zusammen. Das Ergebnis trug den Namen Macromedia. Programme wie Director, Flash oder Shockwave prägten die Multimedia-Szene und das World Wide Web; Flash-Spiele errangen eine globale Popularität. Am 3. Dezember 2005 wurde das Unternehmen aber vom Konkurrenten Adobe Systems geschluckt.

Wenn man mit „flash animation“ und mit „physics“ oder einer anderen Wissenschaft googelt, dann stößt man auf einige noch funktionsfähige Seiten. Sie sind Überbleibsel aus den 2000er-Jahren, als die Software der Firma Macromedia weit verbreitet war. Diese ist mittlerweile verschwunden; an ihrem 30. Geburtstag möchten wir aber an sie erinnern.

Es begann am 16. April 1984. An jenem Tag gründeten drei junge Männer, Marc Canter, Jay Fenton und Mark Stephen Pierce, in Chicago die Firma MacroMind. Canter war Jahrgang 1957, kam aus einer politisch aktiven Familie und hatte ursprünglich Gesang studiert. Fenton zählte zwanzig Jahre und schuf als Teenager das populäre Arcade-Spiel Gorf; MacroMind ist eine Figur daraus. Pierce besuchte schon mit vierzehn die Kunsthochschule, entdeckte aber die Welt der Computer-Games, die ihn nicht mehr losließ.

Marc Canter im Jahr 2006

Die drei arbeiteten dann gemeinsam im Chicagoer Spiele-Unternehmen Bally Midway. Der Entschluss zur Firmengründung kam nach der Vorstellung des Apple Macintosh im Januar 1984. Wie Marc Canter später in einem Vortrag erzählte, beeindruckten der 128 Kilobyte große Arbeitsspeicher sowie die Audio- und Videokarten. Das erste Produkt von MacroMind war im Oktober 1984 das Programm MusicWorks; hier kann man sich die vom Macintosh gespielte „Kleine Nachtmusik“ anhören.

Im Juni 1985 folgte VideoWorks. Damit ließen sich Animationen aller Art erzeugen; hier und hier gibt es Beispiele. Apple verwendete das Programm für die Einführung in den Computer Macintosh Plus. 1987 taufte MacroMind die Software in Director um. Gemeint war nicht der Firmenchef, sondern der Filmregisseur, der im Englischen genauso heißt. 1988 erschien Director 2.0; die Version 2.2. brachte 1989 die Programmsprache Lingo. 1987 erstellte MacroMind auch eine Netzwerk-Ausgabe des klassischen Computerspiels Maze War.

Director-Packung mit Regisseur  (Foto Alan Levine CC BY 2.0 seitlich beschnitten)

1988 hatte die Firma 22 Mitarbeiter. Im Folgejahr zog sie von Chicago nach San Francisco um. Ende 1990 machte Marc Canter den Chefsessel von MacroMind frei und konzentrierte sich auf die Lösung technischer Probleme. Nachfolger wurde Tim Mott, der vorher unter anderem im Forschungszentrum PARC arbeitete. 1991 fusionierte er MacroMind mit dem in der Nähe befindlichen Software-Studio Paracomp; das neue Unternehmen trug den wenig originellen Namen MacroMind Paracomp. Marc Canter wurde an die Luft gesetzt.

Im Februar 1992 lief eine neue Fusion an, diesmal zwischen MacroMind Paracomp und der Firma Authorware. Sie saß in Minneapolis und war ein Spin-off des Computersystems und Netzwerks PLATO; sie verkaufte vor allem Lernsoftware. Am 10. Juli 1992 wurde die Fusion abgeschlossen; das Resultat hieß Macromedia. Die Geschäftsführung teilten sich Tim Mott und der von Authorware kommende John Colligan. Die Fachpresse sprach von einem Multimedia-Kraftwerk und verriet auch Preise. Ein Director-Paket kostete 995 Dollar, ein Authorware-Programm 8.000 Dollar.

John „Bud“ Colligan 2019  (Foto Bud Colligan CC BY-SA 4.0 seitlich beschnitten)

Das Kraftwerk bescherte uns in der Folgezeit einige herausragende Produkte. Zu nennen sind der Shockwave-Player, der Director-Filme im Webbrowser abspielte, der WWW-Editor Dreamweaver und die Software Flash. Sie entstand nicht bei Macromedia, sondern wurde samt dem Erfinder, der kalifornischen Firma FutureWave, 1996 von Macromedia eingekauft. Flash-Animationen und -Spiele eroberten die Multimedia-Welt und das Internet; YouTube startete 2005 mit Flash-Videos. Apple-Chef Steve Jobs mochte Flash aber gar nicht und veröffentlichte 2010 eine vernichtende Kritik.

In jenem Jahr gab es Macromedia schon nicht mehr. Am 18. April 2005 verkündete die Adobe Systems Inc. die Übernahme, am 3. Dezember 2005 war sie unter Dach und Fach. Adobe bezahlte 3,4 Milliarden Dollar; die Namen der Macromedia-Produkte begannen jetzt mit dem Buchstaben A. Das Programm Adobe Flash wurde noch bis Ende 2020 unterstützt, seit dem 1. Januar 2021 gehört es zur Softwaregeschichte.

Tags: , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , ,

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Wir stellen diese Frage, um Menschen von Robotern zu unterscheiden.