Hart am Wind

Geschrieben am 28.06.2016 von

Heinz Nixdorf förderte den Sport, wo er nur konnte. Er hat sich auch selbst sportlich betätigt: Er war begeisterter Starboot-Segler. Damit zähte er zu der kleinen Gruppe von IT-Industriellen, die es in ihrer Freizeit zu Wind und Wellen zog. Während Heinz Nixdorf aber in kleinen Booten fuhr, schipperten andere Computermanager in Superyachten über die Meere.

Unter den Sportarten, die Wirtschafts- und Industriekapitäne schätzen, ist sie vielleicht die edelste: das Segeln. Man kann es sportlich tun und kleinere oder größere Regatten absolvieren, es geht aber auch gemütlich im Zwei- oder Dreimaster. Der Vollständigkeit halber möchten wir auch Motoryachten betrachten, wie sie auf boote-exclusiv und ähnlichen Seiten erscheinen.

Als Heinz Nixdorf, der sehr viel für den Sport tat, im Sommer 1968 das Segeln entdeckte, gab es noch keine Homepages, und die Talsperren Westfalens waren für Luxusyachten zu klein. Der Computerfabrikant begann mit einer Jolle für eine Person. Er wechselte dann auf das größere Starboot, das zwei Besatzungsmitgliedern Platz bietet. Der Steuermann lenkt und hält das Großsegel, der Vorschoter kümmert sich um das Vorsegel und hängt sich zwecks Trimmung weit über die Bordwand hinaus.

Heinz Nixdorf und sein Vorschoter Josef Pieper

Heinz Nixdorf und sein Vorschoter Josef Pieper

Als Skipper nahm Heinz Nixdorf an zahlreichen Regatten im In- und Ausland teil. Unser Eingangsbild zeigt ihn bei der Nordamerikanischen Meisterschaft 1980 in Milford im US-Bundesstaat Connecticut. Vorschotmann Josef Pieper, der gerade außenbords hängt, verschwindet in der Gischt. Die beiden fuhren zwei Tagessiege heraus und belegten in der Endabrechnung Platz 5. Sieger wurde die zweite deutsche Crew mit Alexander Hagen und Vincent Hösch, die vier Tagessiege errang.

1974 hatten Nixdorf und Pieper – im Zivilberuf Heinz Nixdorfs Fahrer – bei der Weltmeisterschaft im spanischen Laredo schon einmal einen Tagessieg geschafft. Das brachte Platz 8 der Gesamtwertung. Weitere Einzelheiten zur Starboot-Karriere der beiden Paderborner enthält das Buch „Heinz Nixdorf: Der Sportsmann und der Förderer des Sports“ von Volker Werb. Es lässt sich im Internet lesen – dafür ein dickes Merci an die DFG und die Bayerische Staatsbibliothek. Der Segelteil startet auf S. 349.

Das Buch berichtet von einem Bordcomputer, den der Nixdorf-Mitarbeiter Joachim Arntz 1978 für das Segeltraining entwickelte. Am Rumpf eines Starboots wurden Sensoren angebracht, die während der Fahrt Strömung, Abdrift, Geschwindigkeit und andere Werte maßen. Die Elektronik wertete die Daten aus und zeigte sie an. Die Resultate waren allerdings unbefriedigend. Ein zweiter Versuch mit einer Windmessanlage scheiterte ebenfalls, und Heinz Nixdorf gab die Sache wieder auf.

Hasso Plattner an Land

Hasso Plattner an Land (Foto Epic-chair, CC BY-SA 3.0)

Der nächste große Freizeitkapitän der deutschen IT-Branche war Hasso Plattner, Mitgründer und langjähriger Vorstandssprecher der Softwarefirma SAP. Seit den 1990er-Jahren pflegte er die Kunst des Hochseesegelns. Seine Morning Glory gewann im Januar 1996 die Kapstadt-Rio-Regatta und Ende 1996 die Sidney-Hobart-Wettfahrt vor der Küste Australiens. Die Nachfolgerin, die denselben Namen trug, siegte unter anderem 2005 im Transpazifik-Rennen von Los Angeles nach Honolulu. Später legte sich Plattner eine High-Tech-Yacht namens Visione zu.

In den letzten Jahren widmete er sich verstärkt kleineren Booten. 2013 wurde er auf dem Chiemsee deutscher Meister in der Drachen-Klasse. In die Legende ging aber die Konkurrenz zwischen Hasso Plattner und Datenbank-König Larry Ellison ein. Bei einer Regatta 1996 lag die erste „Morning Glory“ mit gebrochenem Mast, defektem Hilfsmotor und einem verletzten Crewmitglied vor Hawaii. Ein Begleitboot von Ellisons Yacht „Sayonara“ fuhr heran und filmte alles, half aber nicht. Der SAP-Leiter reagierte mit einer drastischen Aktion, die Yachtgeschichte schrieb.

Larry Ellison, bis 2014 Leiter der Softwarefirma Oracle, ist der wohl erfolgreichste Segler der Computerwelt. 1998 tat er es seinem Erzrivalen Hasso Plattner gleich und siegte in der Sidney-Hobart-Regatta. Ein starker Sturm versenkte damals fünf Boote, sechs Segler ertranken. 2010 und 2013 holten Ellisons Schiffe den America’s Cup, den Heiligen Gral des Yachtsports. Allerdings wurde im 21. Jahrhundert das Design der Boote so exotisch, dass die Romantik für immer verlorenging.

Katamaran des Teams Oracle, den Amarica's Cup 2013 holte

Katamaran des Teams Oracle, der 2013 den America’s Cup holte (Foto Don Ramey Logan, CC BY-SA 3.0)

Aber warum auf Hochleistungs-Katamarane schimpfen, wenn es Super- und Megayachten gibt. Hier zählt nicht Geschwindigkeit, es gilt der Satz „Je länger je lieber“. So kaufte Silicon-Graphics-Direktor James Clark 2004 den 90 Meter langen Dreimaster Athena. Drei Meter länger ist die dreimastige Eos von Medienmogul Barry Diller; sie lief 2006 vom Stapel. Nur 58 Meter misst die Ethereal mit zwei Masten. Sie wurde 2009 gebaut und gehört Bill Joy, einem der Gründer von Sun Microsystems.

Ein Marinefan ist auch Paul Allen, der mit Bill Gates die Firma Microsoft startete. Sein Traumschiff heißt Octopus. Im Inneren befinden sich acht Dieselmotoren mit zusammen 19.470 PS sowie ein Dock für ein Mini-U-Boot. Er besitzt außerdem die Tatoosh, siehe Foto unten, Ein weiteres Mitglied seiner Flotte, die Meduse, wurde im Mai 2016 wieder verkauft. Sein früherer Kollege Bill Gates hat sich kein Schiff angeschafft, er machte aber im Sommer 2014 Urlaub auf der Superyacht Serene.

Von den jüngeren IT-Milliardären sind uns nur zwei Motoryachtfreunde bekannt. Larry Page, Chef der Google-Mutter Alphabet, schätzt die Senses mit WiFi und Klimaanlage, Google-Kollege Sergey Brin die futuristische Dragonfly. Das HNF besitzt keine Segel- oder Motoryacht, doch den Heinz-Nixdorf-Pokal für Starboot-Segler. Jeder ist herzlich eingeladen, ihn in seiner Vitrine zu bewundern.

Tatoosh

 

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Ein Kommentar auf “Hart am Wind”

  1. Liebe Leser,
    für Heinz Nixdorfs Vorschoter Josef Pieper war es sicher der Höhepunkt seiner Seglerkarriere. als ihm zum Abschluss der Segel-WM 1975 auf dem Lake Michigan kein Geringerer als US-Präsident Gerald Ford die Hand schüttelte.

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