Regnecentralen – Rechner aus Dänemark

Geschrieben am 09.10.2020 von

Am 12. Oktober 1955 wurde in Kopenhagen die Firma Regnecentralen gegründet, der erste dänische Computerhersteller. Das erste Produkt, der DASK, war 1957 fertig. Er basierte auf dem schwedischen Rechner BESK. Ab 1961 baute Regnecentralen den Transistorcomputer GIER. Die Lochstreifenleser RC 2000 und 2500 waren Bestseller. Im Jahr 1989 wurde die Firma vom englischen ICL-Konzern übernommen.

Zu den Glanzstücken des Technikmuseums Helsingör gehören der Kompass des Physikers Oersted, elektrische Lockenwickler, eine Märklin-Lok, Legosteine, ein Caravelle-Düsenjet, das erste dänische Auto und der erste dänische Computer. Selbiger trägt den Namen DASK und ist im Eingangsbild zu sehen (Foto Leif Jørgensen CC BY-SA 4.0 seitlich beschnitten). Er kam aus Kopenhagen und von der Firma Regnecentralen, abgekürzt RC.

Die Anfänge des Unternehmens lagen im Jahr 1947. Damals richtete die dänische Akademie der Technischen Wissenschaften einen Ausschuss ein, der die Fortschritte in der neuen Computertechnik verfolgen sollte. Es ergab sich ein enger Informationsaustausch mit schwedischen Forschern. 1950 lief in Stockholm der Relaiscomputer BARK, 1954 wurde der Röhrenrechner BESK eingeweiht. Seine Architektur knüpfte an den Computer des Institute for Advanced Study in Princeton an, den John von Neumann entworfen hatte.

Schaltbrett des DASK im Technikmuseum Helsingör (Foto Ditlev Petersen CC BY-SA 3.0 seitlich beschnitten)

1955 stiftete die dänische Regierung 900.000 Kronen, etwa eine halbe Million DM, für einen Nachbau des BESK; das Geld stammte aus Mitteln des Marshallplans. Daraufhin fand vor 65 Jahren, am 18. Oktober 1955, die Gründung der Regnecentralen statt, was Rechenzentrum heißt. Die Firma sollte den Computer bauen und betreiben. Leiter der Konstruktion des DASK wurde der junge Ingenieur Bent Petersen. Das Kürzel stand zunächst für „Dansk version af BESK“, die offizielle Lesart lautete dann „Dansk Aritmetisk Sekvens-Kalkulator“.

Der DASK enthielt 2.500 Röhren, aber schon einen modernen Kernspeicher mit 1.024 Worten zu 40 Bit. Außerdem gab es einen Trommelspeicher für 8.192 Worte. Additionen dauerten 56 Mikrosekunden und Multiplikationen 365 Mikrosekunden. Die Peripherie umfasste einen Lochstreifenleser und einen Fernschreiber; später kamen Bandlaufwerke hinzu. Das erste Programm des DASK lief am 29. September 1957. Im Oktober wurde er der Öffentlichkeit vorgestellt; im Februar 1958 erfolgte die Übergabe an das Verteidigungsministerium.

Lochstreifenleser RC 2000 mit Telefunken-Label, vermutlich für den Großrechner TR 440 (Foto Computer History Museum)

Der Computer stand in einer Villa im Kopenhagener Stadtteil Valby südlich des Schlossparks Frederiksberg. Hier rechnete er nicht nur fürs Militär, sondern auch für Wissenschaft und Forschung, Industriebetriebe und Versicherungen. Im Video erklärt ihn der Geschäftsführer der Regnecentralen, der Lehrer und Statistiker Niels Ivar Bech. Schlagzeilen machte der DASK durch den Einsatz bei den dänischen Parlamentswahlen von 1960. Ein Jahr später erhielt er einen Compiler für die gerade erfundene Programmiersprache ALGOL 60.

In den frühen 1960er-Jahren entwickelte die Regnecentralen den Transistorcomputer GIER; das Kürzel steht für „Geodaetisk Instituts Elektroniske Regnemaskine“. Der GIER wurde serienmäßig gebaut und nach Ost und West exportiert. Ein Exemplar fand den Weg in die Sternwarte Hamburg-Bergedorf und führte zu ganz neuen Techniken der Astronomie. Die Firma geriet jedoch in die Krise, vor allem durch die Konkurrenz der Datacentralen. Der staatliche und kommunale Rechnerverbund war faktisch der dänische Arm der IBM.

Mikrocomputer Piccolo mit Z80-Prozessor (Foto Hans Jørn Storgaard Andersen CC BY-SA 3.0)

1964 wurde die Regnecentralen in einer Aktiengesellschaft umgewandelt; im Süden der dänischen Hauptinsel Seeland entstand eine neue Fabrik. Sie fertigte unter anderem den Minicomputer RC 4000 und Nachbauten von Modellen des US-Herstellers Data General. Bestseller waren aber die schnellen Lochstreifenleser RC 2000 und RC 2500 – die Nummern geben die Zahl der Zeichen an, die sie pro Sekunde lasen. Von ihnen wurden 1.500 Stück verkauft. In den 1980er-Jahren produzierte man die Mikrocomputer Piccolo und Piccoline.

1979 war die Regnecentralen schon einmal insolvent. 1989 schluckte sie der englische ICL-Konzern. Auf diesem Foto erkennt man den Namen am Haus. Erwähnen müssen wir noch zwei RC-Mitarbeiter. Die Firma war 1966 der erste Arbeitsplatz des 17-jährigen Ungarn Károly Simonyi. Zwei Jahre später zog er in die USA, studierte dort und wurde als Charles Simonyi Star-Entwickler im Xerox PARC und bei Microsoft. In den 1960er-Jahren arbeitete in der Regnecentralen auch der ausgebildete Astronom Peter Naur. Er wurde zum berühmtesten dänischen Informatiker; 2005 gewann er den Turing-Preis.

Ein Rechner ganz anderer Art war die Rechenmaschine Contex aus Gentofte nördlich von Kopenhagen. Die elegante Contex-10 erschien Ende der 1950er-Jahre.

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