Texas Instruments gegen Hewlett-Packard

Geschrieben am 23.09.2022 von

1967 erfand Jack Kilby bei Texas Instruments den Taschenrechner. 1972 brachte die Firma das Serienmodell TI-2500 heraus. Im gleichen Jahr erschien der erste wissenschaftliche Taschenrechner, der HP-35 von Hewlett-Packard; 1974 kam der programmierbare HP-65. Texas Instruments reagierte darauf mit ähnlichen Geräten. Die Modelle SR-52 und TI-59 nutzten die von Hewlett-Packard bekannten Magnetkärtchen zur Programmspeicherung.

Die Historie des Taschenrechners ist eine Dreiecksgeschichte; die Hauptbeteiligten waren zwei US-Unternehmen und die japanische Elektronik-Industrie. Den ersten schuf der Ingenieur Jack Kilby 1967 bei Texas Instruments in Dallas. Hersteller in Japan fertigten ab 1970 kleine Rechner in Serie; 1971 erschien der Busicom LE-120A, der wirklich wie ein Taschenrechner aussah. Am 4. Januar 1972 stellte Hewlett-Packard in Kalifornien den revolutionären HP-35 vor.

Er ermittelte trigonometrische und logarithmische Funktionen, dazu Wurzeln und Potenzen. Der HP-35 war ein wissenschaftlicher Taschenrechner; man zahlte für ihn 395 Dollar. Die Produkte der Konkurrenz waren preiswerter, sie boten aber nur die Grundrechenarten an. Das galt auch für den TI-2500 von Texas Instruments. Er kam im September 1972 heraus und war das erste Serienmodell der Firma. Der nächste TI-Rechner, der SR-10, folgte im November. Das Kürzel SR stand für „Slide Rule“. Der Rechenschieber aus Dallas konnte Wurzeln ziehen und mit Fließkomma-Zahlen umgehen.

TI-2500 Datamath, der erste serienmäßige Taschenrechner von Texas Instruments

Die Ingenieure und Programmierer von Texas Instruments schafften es, am 15. Januar 1974 einen wirklichen Rechenschieber-Ersatz vorzulegen. Der SR-50 besaß die Fähigkeiten des HP-35 und kostete nur 149,95 Dollar. Lauf TI-Anzeige waren das 75 Dollar weniger als der damals gültige Preis des Hewlett-Packard-Rechners. Die Eingaben des SR-50 wurden in der normalen mathematischen Abfolge eingetippt und nicht wie beim HP-35 in umgekehrter polnischer Notation. Die Kalifornier hatten inzwischen das Nachfolgemodell HP-45 auf den Markt gebracht. Es leistete mehr als der SR-50, es war aber auch doppelt so teuer.

So ergab sich ein Hase-und-Igel-Spiel: Hewlett-Packard entwickelte Rechner, die technisch an der Spitze lagen. Texas-Instruments antwortete nach einiger Zeit mit gleich starken und preiswerteren Modellen. Die nächste Runde des Spiels startete vier Tage nach der Premiere des SR-50. Am 19. Januar 1974 erschien der HP-65 von Hewlett-Packard. Er war der erste programmierbare Taschenrechner; die Befehlsfolgen ließen sich auf kleinen Magnetstreifen speichern. Der Preis betrug stolze 795 Dollar; westdeutsche Käufer zahlten 2.950 DM.

Der Texas Instruments SR-50 von 1974 bewältigte höhere Mathematik.

Texas-Instruments musste reagieren. Am 16. September 1975 gelangte der SR-52 in den Handel. Man konnte ihn ebenfalls mit Magnetstreifen programmieren, und es gab ihn für 395 Dollar. Die Anzeige von Texas Instruments verglich genau die Leistungen des SR-52 und des HP-65. Hier und da hatte der TI-Rechner die Nase vorn; so erlaubte er Programme mit maximal 224 Schritten. Beim Konkurrenten waren höchstens 100 Schritte möglich. Erst 1976 holte Hewlett-Packard mit dem verbesserten Modell HP-67 auf.

Am 24. Mai 1977 kam dann der Texas-Instruments TI-59. Er brachte eine Preissenkung auf 299,95 Dollar und ein neues Hardware-Element. Auf seiner Unterseite befand sich ein Fach für die „Solid State Software“, kleine Module mit Nur-Lese-Speichern. Ein Plättchen mit Standardprogrammen wurde beim Kauf mitgeliefert, andere konnte man separat erwerben. Natürlich enthielt der Taschenrechner die vom SR-52 bekannten Magnetstreifen. Das Modell TI-59 war ein Riesenerfolg; Texas Instruments soll drei Millionen Stück verkauft haben.

Den SR-52 konnten die Benutzer 1975 mit Magnetstreifen programmieren.

Das Kampf des kalifornischen Hasen und des texanischen Igels ging aber weiter. Am 1. Juli 1979 schickte Hewlett-Packard den HP-41C ins Rennen. Neben alphanumerischer Tastatur und einem LCD-Display bot er die Möglichkeit, persönliche Tastenbelegungen zu definieren. Darauf konnte Texas Instruments lange nichts erwidern; erst 1990 erschien der innovative grafische Taschenrechner TI-81. Der TI-59 bleibt der Taschenrechner der Herzen, das beweist auch die Seite eines deutschen Fans. Einen umfassenden Überblick über die TI-Welt liefert die Adresse Datamath.

Was geschah die ganze Zeit in Japan? Im Feld der wissenschaftlichen Taschenrechner treffen wir 1974 den Casio fx-10. Drei Jahre später stellte die Firma den PRO fx-1 mit Magnetkärtchen vor, 1979 folgten die Typen FX-501P und FX-502P. Anspruchsvolle Taschenrechner aus aller Welt finden wir im Slide Rule Museum. Unter ihnen gibt es sogar einige aus Deutschland, sprich von der Marke Aristo. Hierzu empfehlen wir auch diesen Aufsatz. Das Foto unten zeigt noch ein praktisches Zubehörteil für den TI-59.

Ein Texas-Instruments-Rechner auf dem Thermodrucker PC-100C. (Foto Rechnermuseum der GWDG CC BY-SA 4.0)

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2 Kommentare auf “Texas Instruments gegen Hewlett-Packard”

  1. Karl-Ludwig Butte sagt:

    Vielen Dank für einen wunderbaren Artikel, der wieder ein selbst miterlebtes Stück Technikgeschichte in Erinnerung rief und teilweise nur schwer ermittelbare exakte Vorstellungsdaten enthielt.

    Eine Anmerkung zum HP-41C sei aber gestattet: Die Definition persönlicher Tatstenbelegungen ist aus meiner Sicht nur eine logische Konsequenz der Tatsache gewesen, dass erstmals ein Taschenrechner mehr Funktionen bot, als sich auf dem Tastenfeld auch mit dreifach belegten Tasten unterbringen ließ.

    Die Haupt-Innovation des HP-41C waren die vier Ein-/Ausgabe-Ports an der oberen Stirnseite, an die sich unterschiedlichste Peripheriegeräte anschliessen ließen. Mit dem HP-41C wurden gleichzeitig ein Magnetkartenleser, Drucker, Barcodeleser, sowie RAM- und ROM-Module verfügbar. Kurz darauf erschien mit dem HP-Interfaceloop-Modul der ultimative Joker, der nicht nur Peripheriegeräte aller Art von Hewlett-Packard (z.B. Magnetbandcassetten-Laufwerk, Diskettenstation, Akustikkoppler bis hin zum Video-Interface) ermöglichte, sondern durch die Offenlegung des Standards und das Angebot des HP-IL-Development-Kits auch andere Firmen in die Lage versetzte, Peripheriegeräte zu entwickeln. Damit wurde der HP-41C zu einem in alle Richtungen erweiterbaren System! Und genau das war es, worauf Texas Instruments lange nichts erwidern konnte.

  2. Die ersten Kleincomputer für die Massen. Nicht zu vergessen aber der DDR-Taschenrechner „SR-1“ (Schul-Rechner 1), https://de.wikipedia.org/wiki/SR1_(Taschenrechner) – nicht nur Aristo.

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