Volkszählung 2022

Geschrieben am 13.05.2022 von

Am Sonntag, dem 15. Mai, beginnt die Volkszählung 2022; im Amtsdeutsch spricht man vom Zensus. Die Zählerinnen und Zähler berichten den statistischen Landesämtern. Wie beim Zensus 2011 werden aber nicht alle Einwohner befragt, sondern nur etwa zehn Millionen. Die Ausgangsdaten liefern die Melderegister der Gemeinden. Parallel zum Zensus findet außerdem eine Gebäude- und Wohnungszählung statt.

„2022 – das ist ein großes Jahr für die amtliche Statistik in Deutschland. In diesem Jahr gibt es in Deutschland wieder einen Zensus.“ Das verkündete vor einigen Monaten ein Podcast des Statistischen Bundesamts. Im 20. Jahrhundert hieß der Zensus noch Volkszählung und war höchst umstritten. Die letzte im alten Stil fand 1987 statt, wir haben sie in unserem Blog detailliert geschildert.

Vor elf Jahren gab es die erste Zählung eines neuen Typs. Beim Zensus 2011 wurden nicht mehr sämtliche Bürger besucht, sondern nur ein Drittel. Der Grundstock der Daten stammte aus den kommunalen Melderegistern; weitere Informationen steuerten die Bundesagentur für Arbeit und öffentliche Arbeitgeber bei. Unvollständige Angaben wurden hochgerechnet. Neben den Fragerunden in Haushalten, Wohnheimen und Gemeinschaftsunterkünften erfolgte noch eine Inventur von Gebäuden und Wohnungen.

In ähnlicher Weise läuft der Zensus im Jahr 2022 ab. Die Kosten betragen gut anderthalb Milliarden Euro; 570 Millionen entfallen auf den Bund, 940 Millionen auf die Länder. Ihre statistischen Ämter finanzieren die 100.000 Erhebungsbeauftragten, die vom 16. Mai bis Anfang August ausgewählte Bürger und Bürgerinnen befragen. Der offizielle Starttag ist der 15. Mai. Ein Erheberin oder ein Erheber interviewt neunzig Personen und erhält 900 Euro, das gilt jedenfalls für den Kreis Paderborn. Die Zahl der Interviewten in ganz Deutschland summiert sich auf 10,2 Millionen.

Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden

Wer für die Volkszählung ausersehen wurde, müsste inzwischen einen Brief vom nächsten Statistik-Amt erhalten haben. Dieser enthält einen Terminvorschlag und einen Flyer. Am vereinbarten Tag kommt der oder die Erhebungsbeauftragte zur Befragung. Diese erfolgt unter Beachtung aller Gesundheitsregeln, ist kurz und kann zwischen Tür und Angel geschehen. Nach dem direkten Gespräch werden in den meisten Fällen die Zugangsdaten eines Online-Fragebogen mitgeteilt, der die begonnene Zählung fortsetzt.

Sollte kein digitaler Anschluss vorhanden sein, geht die Befragung analog weiter, oder man ordert einen Fragenbogen aus Papier. Im Notfall ist auch ein Telefon-Interview möglich. Hier steht mehr zur Prozedur; das sind die Fragen. Die Besitzer von Wohnungen und Gebäuden – ihre Zahl liegt bei 23 Millionen – werden nicht persönlich besucht. Sie erhalten per Post den Link für Online-Auskünfte oder alternativ einen Papierfragebogen. Allgemeine Informationen liefern die Adresse Zensus2022 und die Zensus-Seiten der statistischen Landesämter. Für die schnelle Lektüre empfehlen wir den Factsheet – bitte etwas scrollen.

Eine Pressemitteilung vom April nahm zu den Auswirkungen des Ukraine-Krieges Stellung. Im Prinzip sind Geflüchtete drei Monate lang von der Zählung befreit, danach werden sie erfasst; das Verfahren ist wie so oft in Deutschland kompliziert. Der Zensus 2022 wird jedoch nicht verschoben. Hoffen wir, dass unsere Statistik-Ämter mit der Situation fertig werden und alle Ergebnisse im November 2023 vorliegen. Die nächste Volkszählung ist für 2031 geplant; sie soll ohne persönliche Befragungen als Registerzensus stattfinden.

Das Thema Zensus gibt uns die Gelegenheit, noch einmal auf die Volkszählung von 1939 einzugehen. Dabei wurden die jüdischen Bürger mit speziellen Ergänzungskarten erfasst. Trug diese Maßnahme zum Holocaust bei? Diese Frage wurde seit den 1980er-Jahren diskutiert; der jüngste Beitrag dazu ist die Dissertation von Stefan Boberg von der Universität von Sussex in Brighton. Sie erschien 2020 und ist online; wer sich für das Thema Volkszählungen und Datenschutz interessiert, sollte Bobergs Doktorarbeit studieren.

Zum Schluss möchten wir daran erinnern, dass der 15. Mai nicht nur der Zensus startet, sondern auch der Internationale Museumstag gefeiert wird. Der Eintritt ins HNF ist an diesem Tag frei, und die Besucher können an vier kostenlosen Führungen teilnehmen, eine davon digital. Mehr dazu steht hier. (Eingangsbild: Copyright Statistische Ämter des Bundes und der Länder, 2021)

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