Weltausstellung New York – Im Zeichen der Unisphere
Geschrieben am 22.04.2024 von HNF
„Frieden durch Verstehen“ war das Motto der Weltausstellung, die 1964 und 1965 in New York stattfand. Sie wurde am 22. April 1964 eröffnet und von knapp 52 Millionen Menschen besucht. Die Schau zeigte die Segnungen des Konsums und der Technik; die Computer kamen dabei nicht zu kurz. HNF-Gestalter Ludwig Thürmer schuf den Pavillon von Berlin.
Es regnete in Strömen; ab und zu ertönten die Zwischenrufe politischer Demonstranten. Präsident Lyndon B. Johnson ließ sich aber nicht entmutigen und eröffnete am Vormittag des 22. April 1964 die Weltausstellung von New York. Es war schon die zweite; die Vorgängerin fand 1939 und 1940 in derselben Gegend statt, dem Stadtteil Queens. Anschließend weihte Johnson auf dem Areal das Gebäude der Vereinigten Staaten ein.
So startete vor sechzig Jahren die damals größte Schau der Erde. Sie bedeckte eine Fläche von 2,6 Quadratkilometern, auf denen siebzig Länder, 24 US-Bundesstaaten sowie Firmen und Organisationen meist aus Amerika ihre Pavillons errichteten. Die Ausstellung lief jeweils sechs Monate in den Jahren 1964 und 1965; insgesamt zog sie 51,6 Millionen Menschen an. Ihr Motto lautete „Peace through Understanding“, Frieden durch Verstehen, und ihr Merkmal war die Unisphere, ein stählerner Globus mit einem Durchmesser von 37 Metern. Er ist oben in unserem Eingangsbild zu sehen.
In Erinnerung blieben vor allem die Bauten einiger Unternehmen. Im Pavillon von General Motors rollten die Besucher auf ihren Sitzen durch die Welt der Zukunft, die Firma Ford ließ sie durch die Urzeit fahren. Die Dinosaurier und die Höhlenmenschen lieferte Walt Disney. IBM schuf ein riesiges weißes Ei, in dem viermal pro Stunde fünfhundert Zuschauer eine Multimedia-Schau erlebten. Sie schilderte die Kunst des Problemlösens. Vor dem Ei führte das Unternehmen Sprachübersetzungen mit dem Computer vor und suchte aus einer Datenbank zu einem beliebigen Tag das passende Ereignis heraus.
Auch der Computerhersteller NCR war mit einem Pavillon in New York vertreten: er zeigte unter anderem die Leistungen des Systems NCR 315. Im Gebäude der USA behandelte die American Library Association den Einsatz von Digitalrechnern in Bibliotheken. Eine echte Novität enthüllte die Telefongesellschaft Bell. Sie installierte ein Bildtelefon-System, und wer Lust hatte, konnte Fernsprechteilnehmer im kalifonischen Disneyland anrufen. Die kommerziellen Hoffnungen, die Bell in die Technik setzte, erfüllten sich allerdings nicht.
Die New Yorker Schau wurde nicht vom Weltausstellungsbüro BIE abgesegnet, und eine ganze Anzahl Länder sah von einer offiziellen Teilnahme ab. Auch die Bundesregierung engagierte sich nicht. Manchmal sprang die Wirtschaft ein. So bezahlte die französische Industrie einen „Pavillon de Paris“. Die deutsche Fahne hielten der Löwenbräu-Biergarten und der Berlin-Pavillon hoch, den dreißig Firmen aus dem Westteil der geteilten Stadt finanzierten. Er lag nahe dem riesigen USA-Haus; das war der Ausstellungsführer.
Der Pavillon war ein Rondell mit zwanzig Metern Durchmesser, gekrönt von einem Zeltdach und von Kunststoffsegeln umspannt. Im Inneren enthielten große Glaskugeln die Produkte Berliner Hersteller; Fotos und Dias führten in die jüngste Geschichte und die Gegenwart der Stadt ein. Einen medientechnischen Leckerbissen stellte das Cinetarium dar. Dabei wurden zwei Kurzfilme auf die Innenseite einer Kugel projiziert; der zugehörige Projektor befand sich im Untergrund. Vor dem Pavillon ragte die meterhohe Skulptur Scientia der Bildhauerin Brigitte Meier-Denninghoff empor.
Gebäude und Ausstellung entwarf der 33-jährige Ludwig Thürmer; er wurde dabei von dem Architekten Hans Wehrhahn und dem Ingenieurwissenschaftler Manfred Manleitner unterstützt. Bekanntlich arbeitete Professor Thürmer später als Chefdesigner für das HNF. Eindrücke seines Berlin-Pavillon liefert ein etwas dunkler Film der Agentur Reuters. Mehr erkennt man in einem Wochenschau-Beitrag von 1965 mit dem Regierenden Bürgermeister Willy Brandt. Er besuchte das Haus schon kurz nach der Eröffnung im Mai 1964.
2024 zeugen die New Yorker Pavillons vom Fortschrittsglauben der 1960er-Jahre und der Erwartung, dass Technik und Konsum die Welt zu einer besseren machen. Im Queens Museum und im Internet sind Hinterlassenschaften der großen Schau zu besichtigen. Wir empfehlen zudem den Plan – bitte anklicken – von Hermann Bollmann. Einen Blick aufs Gelände, wie es heute aussieht, ermöglicht YouTube, bitte zu Minute 7:00 gehen und das Bild auf ganz groß schalten. Nun folgen aber Fotos von Ludwig Thürmers Berlin-Pavillon; wir bedanken uns herzlich bei Barbara Thürmer.