3. April 1973 – das Handy-Zeitalter beginnt

Geschrieben am 03.04.2023 von

Vor fünfzig Jahren führte die amerikanische Firma Motorola in New York ihr DynaTAC. vor. Das gut ein Kilo schwere Gerät war das erste Mobiltelefon der Welt und für Funkzellen gedacht. Entwickelt wurde es von dem Ingenieur Martin Cooper, initiiert hatte das Projekt sein Vorgesetzter John Mitchell. In den Handel kamen solche Telefone aber erst 1983.

„Ein Telephon, in der Handtasche zu tragen, hat die US-Firma Motorola entwickelt: drahtlos und batteriegespeist. Der Apparat, der bis 1976 marktreif sein soll, funktioniert nach dem Muster von Walkie-Talkies und Auto-Telephonen (auch etwa so teuer). Jeweils ein Satz Batterien reicht für zwölf Drei-Minuten-Gespräche, bei zwölfstündiger Anrufbereitschaft. Der Fernsprecher arbeitet in der Wohnung wie auf der Straße oder am Strand – nur nicht im Fahrstuhl oder im U-Boot.“

Das schrieb der SPIEGEL am 15. April 1973. Die Kurzmeldung bezog sich auf eine Produkt-Präsentation, die am 3. April des Jahres in New York stattfand. An jenem Tag lud die oben genannte Firma – ihre Zentrale saß in Chicago – die Presse ins Hilton-Hotel und zeigte das tragbare Telefon DynaTAC. Der Name stand für „Dynamic Adaptive Total Area Coverage“, zu Deutsch dynamisch, anpassungsfähig und überall verwendbar. Das Gerät wog ein Kilo und war ohne Antenne 22 Zentimeter hoch. Den Strom für den Betrieb lieferten Batterien.

Das DynaTAC funktionierte aber nicht wie Walkie-Talkies oder Auto-Telefone, um den SPIEGEL zu zitieren. Es war für eine Nutzung in Regionen gedacht, die durch Funkzellen abgedeckt wurden – wir haben das Prinzip im Blog erklärt. Im April 1973 gab es in den USA noch keine solche Abdeckung, doch Motorola installierte auf einem Wolkenkratzer eine temporäre Handy-Station für das 900-Megahertz-Band. Sie kommunizierte mit den tragbaren Geräten und übermittelte die Gespräche in das normale Fernsprechnetz.

Martin Cooper 2007 mit seinem Telefon (Foto Rico Shen CC BY-SA 3.0 seitlich beschnitten)

Die Journalisten trafen bei der Vorführung auch zwei Motorola-Manager. Der 1928 in Chicago geborene Ingenieur John Mitchell leitete den Bereich Kommunikationstechnik. Darunter fielen zum Beispiel Funkgeräte und Pager. Ihm direkt unterstellt war Martin Cooper. Er kam ebenfalls 1928 in Chicago zur Welt und diente nach dem Ingenieurstudium in der Marine. Anschließend arbeitete er für die Firma Teletype. 1954 wechselte er zu Motorola, im Jahr 1973 betreute er in der Abteilung für Kommunikation die Systemtechnik .

Der Überlieferung nach inspirierte Mitchell das Mobiltelefon, und Cooper realisierte es. Beide erschienen im Patent für ein Radio Telephone System, das Motorola am 17. Oktober 1973 anmeldete; gewährt wurde es zwei Jahre später. Unser Eingangsbild zeigt eine Grafik daraus. Eine grundlegende Idee soll James Mikulski gekommen sein, der auch im Patent genannt wurde. Sicher ist, dass Martin Cooper und sein Team in drei Monaten das DynaTAC zur Funktionsreife entwickelten. Die äußere Form mit zwölf Tasten in zwei Reihen stammte von den Motorola-Designern Rudolph Krolopp und Kenneth Larson.

Der Pressetermin am 3. April 1973 spielte sich teils vor dem Hilton-Hotel und teils in einer Suite im Inneren ab. Auf der New Yorker 6th Avenue entstand ein Foto mit John Mitchell und einer jungen Dame namens Jeanne Bauer. In den frühen Siebzigern wurden Frauen in der Technik meist ausgeblendet, und wir wissen nicht, ob Jeanne Bauer Journalistin war oder zu Motorola gehörte. In einem anderen Foto – bitte etwas scrollen – telefoniert Martin Cooper. Das Bild illustrierte einen Artikel der Zeitschrift „Business Week“ vom 7. April 1973.

John Mitchell im Jahr 1996

Beim ersten Anruf auf der Straße tippte Cooper die Nummer des Ingenieurs Joel Engel ein. Er arbeitete in den Bell-Laboratorien sowie in ihrer Mutterfirma, dem Telefonkonzern AT&T. Engel war Coopers Gegenstück bei der Konkurrenz, und das Gespräch dauerte nicht lange. Es gilt als das erste Handy-Telefonat der Technikgeschichte; 2016 wurde es für ein Video nachgestellt. Später im Hotel konnten auch die Journalisten Anrufe mit dem DynaTAC tätigen, wie in der New York Times geschildert. Als Martin Cooper noch einen Versuch unternahm, verwählte er sich.

Insgesamt war die Veranstaltung vom 3. April 1973 ein voller Erfolg. Kurz darauf arrangierte Motorola eine ähnliche Vorführung in Washington für Politiker, Militärs und hohe Beamte. Sie richtete sich auch an die für elektronische Kommunikation zuständige Behöre FCC. Die FCC erlaubte danach Tests für Mobiltelefone durch mehrere Firmen und gab die nötigen Frequenzen frei. Es dauerte aber noch bis Oktober 1983, bis in den USA ein Netz in Betrieb ging. Wir werden es im Herbst in unserem Blog beschreiben.

Den heute als Handy-Vater gefeierten Martin Cooper gibt es noch und auch seinen Rivalen Joel Engel. Nach 29 Jahren Tätigkeit für Motorola gründete Cooper mehrere eigene Firmen. Sein früherer Chef John Mitchell stieg in die Motorola-Spitze auf und brachte es zum „Chief Operating Officer“. Er starb 2009. Das DynaTAC kam mit leichten Design-Änderungen 1983 auf den Markt. In den Jahren danach wurden die Telefone kleiner und digitaler, erhielten aber Konkurrenz durch das Smartphone. Der Fortschritt bleibt eben nicht stehen.

Die erste Handy-Station, das Burlington-Haus in Manhattan (Foto Wil540 CC BY-SA 4.0)

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