Computer auf einem Chip

Geschrieben am 10.12.2019 von

Im 1. Obergeschoss markiert das HNF die Fläche des ersten Elektronenrechners ENIAC und stellt Teile der Hardware aus. Seit der Eröffnung im Jahr 1996 zeigte es darüber hinaus den „ENIAC-on-a-Chip“ der Universität von Pennsylvania. Der Mikroprozessor simulierte zwei Module des echten ENIAC. Ab heute hängt an seinem Platz ein Chip, der dem ganzen Computer entspricht.     

Besucher des HNF und Leser unseres Blogs wissen es natürlich: Der erste elektronische Digitalrechner der Welt war der ENIAC. Der Electronic Numerical Integrator and Computer wurde am 15. Februar 1946 in Philadelphia eingeweiht, genauer gesagt, in der Moore School of Electrical Engineering der Universität von Pennsylvania.

Gelaufen ist der ENIAC schon 1945. In jenem Jahr endete der Zweite Weltkrieg, in Europa im Mai, im Pazifik zwei Monate später. Japan kapitulierte, nachdem die USA Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen hatten. Die Aktivitäten im US-Atomforschungszentrum Los Alamos gingen aber weiter, und eine neue Aufgabe tat sich auf: die Entwicklung der Wasserstoffbombe. Ihre Explosionskraft übertraf die in Japan eingesetzten Uran- und Plutoniumbomben um ein Vielfaches, jedenfalls in der Theorie.

Das „ENIAC-on-a-Chip“-Team 1996 bei der Arbeit. (Foto Computer History Museum)

Zunächst musste jedoch geprüft werden, ob die Theorie stimmte. Das geschah ab dem 10. Dezember 1945 in Philadelphia. Sechs Wochen lang berechnete ENIAC das „Los-Alamos-Problem“. Die Input-Daten hatten die Physiker Stanley Frankel und Nicholas Metropolis aus dem Forschungszentrum mitgebracht. Die Outputs, die ENIAC produzierte, waren der erste Schritt zur Superbombe. Frankel sind wir bereits im Blog begegnet. Er konstruierte in den 1950er-Jahren den Kleincomputer LGP-30, von dem das HNF ein Exemplar besitzt.

Am heutigen 10. Dezember enthüllt das HNF ein neues Exponat zum Elektronengehirn. Es befindet sich im ersten Obergeschoss in der ENIAC-Installation; sie deutet die Grundfläche des Rechners, die der einer kleinen Wohnung entsprach. Neben der Fläche sind Originalteile zu sehen sowie ein System, das zwei seiner Akkumulatoren simuliert; es wurde vom HNF gebaut und gewann 2016 den Tony-Sale-Preis. Auch das neue ENIAC-Objekt hat mit Simulation zu tun; sie betrifft aber den vollständigen Computer.

Das Testmodell des ENIAC-Chips von 1995…

Es handelt sich um einen Computerchip, den Studenten der Universität von Pennsylvania 1996 erstellten; Projektleiter war der Ingenieurprofessor Jan Van der Spiegel. Geboren wurde er 1951 in Belgien; er studierte an der Katholischen Universität Löwen. Sein Chip misst 7,44 mal 5,29 Millimeter und enthält 174.569 Transistoren. Er leistete dasselbe wie ENIAC, der seinerzeit 17.468 Elektronenröhren enthielt. Dazu kamen 7.200 Kristall-Dioden, 1.500 Relais und zigtausend Widerstände und Kondensatoren.

An gleicher Stelle wie der Mikroprozessor – er ist im Eingangsfoto abgebildet – war zuvor das Testmodell angebracht. Der „ENIAC-on-a-Chip“ stammte vom Herbst 1995 und simulierte nur zwei Module des Elektronenrechners. Der nun installierte Chip entspricht den zwanzig Akkumulatoren, Konstanten- und Funktionstafeln, diversen Recheneinheiten, dem Taktgeber und dem „Master Programmer“ – er war für Schleifen zuständig – des historischen ENIAC.

…und das vollständige von 1996.

Jeder Computer ist nur so gut wie seine Software; die Programme des ENIAC gaben in den ersten Jahren sechs junge Frauen ein. Man entdeckt sie in dem Film, der im Februar 1946 vor der offiziellen Inbetriebnahme entstand. Im Pressematerial und in den ersten Büchern zur Computergeschichte tauchten sie dann nicht mehr auf.  Erst 1997 wurden sie in die Ruhmeshalle der Technik-Frauen aufgenommen. Heute gelten sie neben Ada Lovelace und Grace Hopper als Pionierinnen der Informatik.

Sie hießen Frances Bilas, Betty Jennings, Ruth Lichterman, Kathleen „Kay“ McNulty, Elisabeth Snyder und  Marlyn Wescoff – wir nennen ihre Geburtsnamen. Kay McNulty heiratete John Mauchly, einen der beiden ENIAC-Väter; hier ist sie 1977 im Video zu sehen. Betty Jennings, verheiratete Bartik, und Betty Snyder – später hieß sie Holberton – blieben ebenfalls der Computertechnik treu. Leider sind alle sechs inzwischen verstorben. Im Foto unten sehen wir noch einmal Betty Jennings und Frances Bilas (vorn) bei der Arbeit.

Foto Computer History Musem

 

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