Kenbak-1 – ein Computer macht Schule

Geschrieben am 07.09.2021 von

Vor fünfzig Jahren kam in den USA der Kenbak-1 heraus. Der einen halben Meter breite Kleinrechner kostete 750 Dollar; Konstrukteur war der Ingenieur John Blankenbaker. Er dachte an einen Einsatz in Schulen und Hochschulen. Vom Kenbak-1 wurden nur etwa fünfzig Stück verkauft. 1986 erklärte ihn das Computer Museum Boston zum ersten Personal Computer der Welt. 

„Digitalcomputer Kenbak-1: Moderne elektronische Technik schuf den Kenbak-1 mit einem Preis, den selbst Privatleute und kleine Schulen bezahlen können. … Sie, die Familie oder Schüler können schnell Programme schreiben, die Spaß machen und interessant sind.“

Das stand Anfang September 1971 in einer Anzeige des Scientific American. Sie enthielt ein Bild des geschilderten Geräts und nannte auch den Kaufpreis: 750 Dollar. Damit war der Kenbak-1 der billigste Elektronenrechner im Lande. Der gleich große und eingeschränkt programmierbare HP 9100A von Hewlett-Packard kostete 4.900 Dollar. Der Hersteller des kleinen Computers war die Kenbak Corporation in Los Angeles, sein Konstrukteur hieß John Blankenbaker. Das Wort „Kenbak“ verbirgt sich in seinem Nachnamen.

John Blankenbaker wurde 1929 im US-Staat Oklahoma geboren; der Vater war Farmer, die Mutter Lehrerin. Einige Jahre später zog die Familie nach Oregon. Nach Abschluss der High School ging er 1946 zur Marine, wo er Elektronik lernte. Ab 1948 studierte er Mathematik und Physik am staatlichen College von Oregon. 1949 las er im Magazin Popular Science vom Elektronengehirn UNIVAC und über dessen Operationen mit Dualzahlen. Den Versuch, einen Relaisrechner dafür zu bauen, gab Blankenbaker aber schnell wieder auf.

John Blankenbaker im Jahr 1986 (Foto Computer History Museum)

Im Sommer 1951 erhielt er einen Ferienjob im Eichamt in Washington, wo er den Computer SEAC betreute. 1952 schloss John Blankenbaker das Grundstudium ab. Danach arbeitete er in der Flugzeugfirma Hughes in Kalifornien; parallel dazu hörte er Vorlesungen an der Universität von Los Angeles. 1956 setzte er das Studium am MIT fort; er beendete es als Elektroingenieur. Damals lernte er auch den Computerpionier Gene Amdahl kennen. 1958 veröffentlichte Blankenbaker einen Fachartikel über einen einfach aufgebauten Rechner mit logischer Mikroprogrammierung.

In den 1960er-Jahren war er für verschiedene Firmen tätig; dabei konnte er etwas Geld auf die hohe Kante legen. 1970 nahm er sich eine Auszeit und begann mit der Entwicklung eines Kleincomputers. Im Frühjahr 1971 war die Grundplatine mit den aufgesteckten integrierten Schaltungen fertig; Mikroprozessoren gab es noch keine. Im Mai des Jahres führte John Blankenbaker den Prototyp des Kenbak-1 auf einer Tagung für Mathematiklehrer vor. Im September erschien seine Anzeige im „Scientific American“, und der Verkauf begann .

Der Kenbak-1 war ein programmgesteuerter Digitalrechner und maß 49 mal 29 Zentimeter. Die Höhe betrug elf Zentimeter und das Gewicht sechseinhalb Kilo. Er operierte mit Acht-Bit-Daten und konnte mit Hilfe von Schieberegistern 256 Bytes speichern. Die Eingabe erfolgte über Druckknöpfe, die Ausgabe durch Lämpchen. Programmiert wurde der Kenbak-1 durch eine Maschinensprache. Die wichtigsten Operationen waren Addition, Subtraktion, Laden, Speichern, das logische UND und das logische ODER. Hier ist zu ihm ein Video.

Ein Blick ins Innere des Computers (Foto Computer History Museum)

Bekannt ist, dass der Computer einmal Tic-Tac-Toe spielte. Das wichtigste Einsatzfeld war jedoch der Unterricht; John Bankenbaker gab sich viel Mühe mit der Gestaltung einer Broschüre. Leider blieb das Interesse der Pädagogen weit hinter den Erwartungen zurück. Blankenbaker verkaufte nur vierzig Kenbaks an Schulen und ein Dutzend an private Nutzer. 1973 beendete er die Fertigung; es sollen 14 oder vielleicht 15 Exemplare überlebt haben. 2015 ersteigerte das Deutschen Museum München einen Kenbak-1 für 34.000 Euro.

1986 wählte das Computer Museum Boston John Blankenbakers Erzeugnis zum ersten Personal Computer der Technikgeschichte. Sofern man sich auf lupenreine Digitalrechner beschränkt, dürfte das Urteil stimmen; die anwendungsorientierten Systeme Cogar 4 und Datapoint 2200 – wir beschrieben sie im Blog – tauchten allerdings einige Monate früher auf. Der didaktische Modellrechenautomat von Nikolaus Joachim Lehmann lief sogar schon 1958 in Dresden. Von ihm wurden jedoch nur zwei Exemplare gebaut.

Nach dem Kenbak-Abenteuer kehrte John Blankenbaker in seinen Beruf als Ingenieur zurück. In den 1980er-Jahren arbeitete er für die Firma Symbolics und wirkte bei der Konstruktion ihres ersten Computers LM-2 mit. Heute lebt er im Bundesstaat Pennsylvania westlich von Philadelphia; er widmet sich vor allem der Genealogie und der Geschichte der deutschen Einwanderer in Virginia. 2016 sprach Blankenbaker aber auch über seinen Computer. Unser Eingangsfoto nahm Kathryn Greenhill auf (CC BY-SA 2.0 seitlich beschnitten).

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