Von MVT zu DTM
Geschrieben am 12.12.2023 von HNF
Geöffnet wurde es am 14. Dezember 1983. Damals hieß es Museum für Verkehr und Technik, abgekürzt MVT, und umfasste 1.700 Quadratmeter Ausstellungsfläche. Vierzig Jahre später trägt das Haus den Namen Deutsches Technikmuseum, kurz DTM, und zeigt seine Exponate auf 28.500 Quadratmetern. Es ist heute ein Berliner Highlight. Was kann man dort aber zur Informatik sehen?
Wie es sich in Deutschland gehört, begann alles mit einem Verein. Am 25. Oktober 1960 konstituierte sich die Gesellschaft zur Wiedererrichtung eines Verkehrsmuseums Berlin e. V. im Westen der Stadt. 1964 baute sie dazu eine Ausstellung im Bildungszentrum Urania auf. Nach vielen Anfragen meldete sich die Politik. 1979 beschloss der Berliner Senat die Errichtung eines Museums.
Der Museumsverein renovierte nun ein Gebäude an der Trebbiner Straße in Kreuzberg. Es beherbergte einst die Verwaltung einer Firma für Markt- und Kühlhallen. In der Nähe lag bis zum Zweiten Weltkrieg der Anhalter Güterbahnhof, der sich südlich des gleichnamigen Personenbahnhofs erstreckte. Ab 1980 fanden im Haus schon kleine Ausstellungen statt, am 13. Mai 1982 erfolgte die Gründung des Museums für Verkehr und Technik oder MVT. Als Direktor wurde Günther Gottmann vom Deutschen Museum München verpflichtet.
Am 14. Dezember 1983 öffnete das Berliner Museum seine Pforten. Es umfasste rund 1.200 Quadratmeter Ausstellungsfläche, nach anderen Quellen 1.700, sowie eine Pferdetreppe. Mit der Zeit wurde das Haus größer, etwa durch zwei Lokschuppen und das Beamtenhaus. 1990 kamen das Science-Center Spectrum und 1993 die Fahrzeuge der Monumentenhalle hinzu; sie sind jedoch nur gelegentlich zugänglich. 2001 war der Erweiterungsbau fertig, wie im Eingangsbild zu sehen. Seit 2007 lautet der Name „Deutsches Technikmuseum“, die Ausstellungsfläche beträgt 28.500 Quadratmeter. Direktor ist seit 2020 Joachim Breuninger.
Schon 1985 besaß das Museum eine Abteilung für Rechen- und Automationstechnik, die Hadwig Dorsch leitete. Die Besucher trafen einen Musikautomaten, ein elektrisches Klavier und die Lochkarten-Steuerung eines Jacquard-Webstuhls. Mit Lochkarten arbeiteten ebenso Powers-Maschinen aus den 1920er-Jahren. Die Abteilung präsentierte Rechenmaschinen, zwei Zuse-Computer und einen Zuse-Graphomaten sowie einige Personal Computer. Ein „KI-Ensemble“ führte bereits in die Künstlichen Intelligenz ein, eine Multimedia-Produktion erläuterte, wie Chips die Welt verändern.
1988 zeigte das MVT in Zusammenarbeit mit Sammlern die Ausstellung „Büromaschinen aus Berlin“. Dazu gehörten Rechen-, Schreib- und Chiffriergeräte. 1989 erhielt es den von Konrad Zuse erstellten Nachbau seines mechanischen Computers Z1 von 1938. In ähnlicher Weise fertigte Helmut Hölzer für das Museum eine Kopie seines elektrischen Analogrechners an, des ersten der Welt. Zur Jahrtausendwende wurde aber die Abteilung ziemlich plötzlich geschlossen, und die Exponate verschwanden im Depot.
Die Zuse-Maschinen kehrten in den 2000er-Jahren ins Hauptgebäude zurück, denn das Technikmuseum schuf einen eigenen Bereich über den Computererfinder. Dort steht auch eine Zweitversion des Relaisrechner Z3, die sein Sohn Horst Zuse baute. Moderne Computer findet man in der 2015 eröffneten Dauerausstellung Das Netz. Sie befindet sich neben dem Erweiterungsbau in der sogenannten Ladestraße, die sich an das Spectrum anschließt. Zwischen Science-Center und Netz-Ausstellung liegt noch die Auto-Abteilung des Hauses.
Der weitaus größte Teil der Computer- und Rechentechnik steht im Depot des Museums. Wer sich dafür interessiert, möge Kuratorin Eva Kudrass kontaktieren. Einige Schätze verwahrt das historische Archiv. Hier liegt der AEG-Telefunken-Nachlass, zu dem Fotos und Schriften der Großrechner des Konzerns gehören. Dokumente aus der Geschichte der Zuse KG stecken in den Ordnern zum Berliner Canisius-Kolleg. Das Gymnasium erhielt 1972 von der TU Berlin eine Z23, sie gelangte später ins Deutsche Technikmuseum.
Erinnern möchten wir noch an die Sonderausstellung Mathema. Sie lief vom 6. November 2008 bis zum 2. August 2009 und beantwortete die Frage, ob Mathematik die Sprache der Natur ist. Am 6. November 2006 untersuchte das Technikmuseum, ob das Universum ein Computer wäre. Den digitalen Besuch des DTM-Universums erlaubt diese Seite mit vielen Fotos von Museumsobjekten. Zum Schluss gratulieren wir den Kollegen und Kolleginnen in Kreuzberg zum 40. Geburtstag ihres Hauses und wünschen alles Gute für die Zukunft!
Ansichten der Rechenanlagen im Berliner Technikmuseum: http://photo.mprove.net/gallery/12/zuse.html
Hier zwei Anmerkungen:
1.
Das Spectrum, anfänglich Versuchsfeld genannt, ist am 14. Dezember 1982 als erste Abteilung des Museums ans Publikum gegangen. In der Ausstellung des Vereins in der Urania wurde ein Raum freigemacht, um dort die ersten Hands-on Experimente zur Erprobung präsentiert. Es gab darüber einen Bericht im Tagesspiegel vom 31.12.1982. Als das Museum am 14. Dezember 1983 eröffnet wurde gab es das Versuchsfeld mit 40 Exponaten. Beim Umzug des Versuchsfeldes in den Schwechtenbau wurde das Versuchsfeld in Spectrum umbenannt.
2.
Am Tage der Eröffnung des Museums am 14. Dezember 1983 gab es eine erste Ausstellung zur Datentechnik, die der spätere Leiter der Datentechnik am Deutschen Museum München, Hartmut Petzold, und ich erstellt hatten. Die Jaquard-Steuerung habe ich bei der Textilfirma Wattendorff in Borghorst bei Münster abgeholt*. Auch die Beschaffung der Powers-Maschine von einem Sammler in Frankfurt habe ich durchgeführt.
Damals schon haben Hartmut Petzold und ich uns beim Direktor beschwert, weil der Vizedirektor Klaus Streckebach, dem die Werkstätten unterstanden, uns ständig Steine in den Weg gelegt hat. Gottmann hat dann Hartmut Petzold wegen Quengelei rausgeworfen, statt seinen Stellvertreter zu rüffeln. Er hatte seinen Vize einfach nicht im Griff.
Am Abend des Tages vor der Eröffnung wollte die Firma Fairform die Ausstellungsteile wie z. B. das Podest für die Jaquard-Steuerung liefern und die Hilfe der Werkstätten war nötig. Da hat der Vize seine Mitarbeiter vorzeitig nach Hause geschickt. In letzter Minute konnte ich erreichen, das die Firma mit voller Besetzung den Transport und den Aufbau gewährleistet hat.
Im ersten Jahr des Museums war ich neben der Leitung des Versuchsfeldes auch für die Sammlungsbereiche Nachrichtentechnik, Energietechnik, Messtechnik und Datentechnik kommissarisch zuständig, bis nach und nach die Abteilungsleiter eingestellt wurden. Hadwig Dorsch wurde knapp 1 Jahr nach der Eröffnung als Abteilungsleiterin eingestellt.
* Eine Anmerkung: Als ich die Firma Wattendorff besuchte, sagte der Chef der Firma: „Schaun Sie mal aus dem Fenster. Dort sehen Sie den Kirchturm. In der Kirche hat ihr Chef gepredigt“.