Zeit für QuickTime

Geschrieben am 03.12.2021 von

Wer vor dreißig Jahren ein Video anschauen wollte, griff zum Rekorder oder zur Laserdisc. Am 2. Dezember 1991 brachte die Firma Apple die Software QuickTime heraus. Jetzt konnte man auch auf dem heimischen Computer Filme betrachten, sofern die Einzelbilder nicht zu groß waren. Die Entwicklung von Apple führte 2001 zum weltweiten MP4-Standard für digitale Videos.    

Schlag nach im SPIEGEL, da steht etwas drin. Zum Beispiel die frühe Erwähnung eines  gewissen Programms: „So erlaubt die Spezialsoftware »Quicktime« des kalifornischen Computerherstellers Apple gar das Abspeichern und Abspielen von digitalisierten Videos in voller Länge.“ Das lesen wir in Heft 12 des Jahres 1993; Seitennummer und Internetadresse seien verschwiegen; die im Artikel genannten Videos waren, wie die Amerikaner sagen, nur für Erwachsene geeignet.

Wie man sich denken kann, kam die QuickTime-Software – korrekt hat sie ein Binnen-T – einige Monate vorher und jugendfrei auf den Markt. Angedeutet wurde sie im Mai 1990 auf der Worldwide Developers Conference, die Apple in San Jose abhielt, der größten Stadt des Silicon Valley. Im Bericht über die Entwickler-Tagung taucht der Name „QuickTime“ nicht auf, doch wir entdecken den zuständigen Produktmanager Doug Camplejohn. Er sprach über die Apple Media Integration, und zu den Medien gehörte auch die Video-Technik.

Das erste Logo von QuickTime. Später wurde die Uhr zu einem blauen Q.

Danach teilte die Firma mit dem Apfel wenig zu Videos mit, abgesehen von Animationen, die der neue Macintosh IIfx wiedergeben konnte. Anfang Juni 1991 startete die Werbekampagne. „QuickTime hebt Mac in den Multimedia-Markt“ schrieb am 10. Juni die InfoWorld. Das Blatt wies darauf hin, dass QuickTime eine reine Software-Lösung war; die früher erforderlichen Erweiterungskarten entfielen. Die Zeitung brachte bereits einen QuickTime-Screenshot, eine Aufnahme aus dem berühmten „1984“-Spot, der einst den Apple Macintosh ankündigte.

Am 8. Juli 1991 verriet die InfoWorld mehr zur neuen Software. Zentrale Elemente waren der MoviePlayer zum Abspielen digitaler Filme und der PICTCompressor zum Komprimieren von Bildern. Er zeigte, dass QuickTime mehr als ein Videoprogramm war. Es ließ sich ebenso gut auf Tondateien und Animationen anwenden, im Prinzip auf alle zeitbasierten Daten. Der Zeitungsartikel nannte ein Beispiel für die Bildgrößen: 160 mal 120 Pixel bei zehn Bildern pro Sekunde. Ein Gefühl für die frühe QuickTime-Technik vermittelt dieses YouTube-Video.

1991 dauerte es ein paar Minuten, bis ein Apple-Computer eine 1,4 Megabyte schwere Filmdatei dekomprimiert hatte und die Wiedergabe startete. Der zugehörige Film füllte ein 100 mal 100 Pixel großes Quadrat auf dem Monitor und endete nach weniger als sechzig Sekunden. So steht es im Artikel Inside QuickTime, den das Magazin BYTE im Dezember 1991 abdruckte. Am 2. Dezember des Jahres kam die Software in den Handel; zuvor hatten nur Entwickler und Journalisten Vorab-CDs erhalten.

QuickTime-Anzeige aus dem Wahljahr 1992; die Namen gehören den damaligen Präsidentschaftskandidaten. (Foto Marcin Wichary CC BY 2.0 seitlich beschnitten)

Offiziell eingeführt wurde QuickTime im Januar 1992 auf der Macworld-Messe. Der Auftritt von Apple-Chef John Sculley ist verwackelt, aber ab Minute 8:20 erkennt man die QuickTime-Fenster rechts oben im Monitor. Als erster kommerzieller Einsatz gilt die CD-ROM, die 1992 dem Buch From Alice to Ocean beilag. Den Herausgeber Rick Smolan stellten wir im Blog vor; er organisierte 1996 die 24 Stunden im Cyberspace. Auf der CD-ROM erläuterte er in kurzen Clips, wie er die Abenteuerin Robyn Davidson beim Kamel-Ritt durch Australien knipste.

Nicht in Form von QuickTime, aber als Video liegt das Gespräch des QuickTime-Teams vor, das sich am 28. Februar 2018 im Computer History Museum traf. Wir sehen und hören auch Bruce Leak, der die wichtigsten Beiträge bei der Entwicklung des Programms leistete. Ein anderes YouTube-Video geht auf den Kampf der Firma Microsoft gegen die Apple-Software ein; hier ist ein Textbeitrag darüber. Der Kampf endete damit, dass die Datei-Endung „avi“ heute bekannter ist als „mov“ – so ist nun mal der Lauf der Technikgeschichte.

Dafür konnte sich Apple 2003 darüber freuen, dass QuickTime als MP4 zum Weltstandard wurde; die amtliche Bezeichnung lautet MPEG-4 Teil 14. Eine QuickTime-ähnliche Software für das Internet und für Trickfilme war der FutureSplash Animator, ein Erzeugnis der Firma FutureWave. Sie wurde Ende 1996 von der in San Francisco ansässigen Macromedia Inc. übernommen. Der Animator kam am 18. Dezember 1996 als Macromedia Flash heraus; wir können also bald den 25. Geburtstag feiern. Mittlerweile heißt er aber Adobe Animate.

Das Eingangsbild fotografierte Robert Couse-Baker.

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