Analog und digital – Schoppe & Faeser GmbH

Geschrieben am 16.06.2023 von

Konrad Zuse startete 1949 im hessischen Neukirchen die Zuse KG, Heinz Nixdorf arbeitete ab 1952 in seinem Labor für Impulstechnik in Essen. Am 17. Juni 1948 gründeten Hermann Schoppe und Hugo Faeser in Minden die nach ihnen benannte Firma. Die Schoppe & Faeser GmbH baute zunächst große Analogrechner und später in Lizenz auch digitale Computer.

Am 24. März eröffnete das HNF neue oder neu gestaltete Ausstellungsbereiche, darunter einen zu Analogrechnern. In einem Museum, das primär die digitalen Informationstechnik zeigt, wirken sie exotisch, doch arbeitete ein wichtiger Hersteller analoger Rechenanlagen 65 Kilometer nördlich von Paderborn. Wir meinen die Schoppe & Faeser Gmbh in Minden. Den Digitalfreunden sei gesagt, dass die Firma später auch „normale“ Computer baute wie den in unserem Eingangsbild.

Ihre Gründer waren der Diplom-Volkswirt Hermann Schoppe und der Ingenieur Hugo Faeser, die Gründung erfolgte am 17. Juni 1948. Zuvor betrieben die beiden eine Werkstatt, die für die Verwaltung der englischen Besatzungszone arbeitete. Das Hauptquartier befand sich damals in Bad Oeynhausen. In Minden saß die „British Naval Gunnery Mission“; sie hatte wenig mit Schiffsartillerie zu tun, sondern sammelte die Erträge von Wissenschaft und Forschung aus der NS-Zeit. Außerdem brachte sie deutsche Experten nach Minden. 84 von ihnen stellte Schoppe & Faeser ein.

Modul der Integrieranlage Göttingen (Foto Science Museum Group CC BY-NC-SA 4.0)

Ein Experte für Mathematik war Hans Bückner. Er wurde 1912 in der Nähe von Dresden geboren; im Zweiten Weltkrieg entwickelte er analoge Rechengeräte für die Askania Werke in Berlin. 1947 finden wir ihn in Göttingen als wissenschaftlichen Leiter der Rechenautomaten GmbH. Diese hoffte auf den Großauftrag eines Analogrechners der 1948 gegründeten Max-Planck-Gesellschaft; der deutsche Fachausdruck lautete Integrieranlage. Der Auftrag kam aber nicht, und um 1950 arbeitete Bückner im Dienste der Firma Schoppe & Faeser.

Dort entstand nun die elektromechanische Integrieranlage Göttingen, die 1952 ins Nationale Physiklabor im Londoner Stadtteil Teddington einzog. Das NPL ist das englische Eichamt und das Gegenstück zur Physikalisch-Technischen Bundesanstalt. Sein Analogrechner umfasste zwanzig Integratoren, fünfzig Summengetriebe und acht Funktionseingaben; wie man in Fotos sieht, füllte er einen großen Raum und beschäftigte mehrere Technikerinnen und Techniker. Einige Teile der Anlage verwahrt heute das Londonen Science Museum.

Zentraleinheit des Librascope-Rechners RPC 4000 – die Aufschrift „Control Data“ weist auf einen Weiterverkauf durch diese Firma hin. (Foto Computer History Museum)

Eine etwas kleinere Integrieranlage namens Minden lieferte die Schoppe & Faeser GmbH an das Rheinisch-Westfälisches Institut für Instrumentelle Mathematik der Universität Bonn. Sie wurde Mitte Juli 1954 installiert, lief aber erst ab 1955 und dann nur sporadisch. Ihr weiteres Schicksal ist uns leider nicht bekannt. Im Jahr 1955 erhielten auch die Siemens-Schuckert-Werke Erlangen einen Minden-Rechner. Er war bis 1971 in Betrieb; der größte Teil der Hardware liegt im Depot des Deutschen Museums München.

Schon 1953 baute Schoppe & Faeser nach Ideen von Hans Bückner einen Analogrechner neuen Typs für die Universität Hamburg. Der Integromat arbeitete hauptsächlich elektrisch und mit digitalisierten Inputs; ein wahrscheinlich retuschiertes Foto findet sich hier. Er war nur so groß wie ein Küchenschrank, aber ungenauer als die älteren elektromechanischen Systeme. Nach Fertigstellung des Integromaten wanderte Bückner nach Amerika aus, wo er es noch bis zum Professor brachte. Er starb kurz nach der Jahrtausendwende.

Die doppelte LGP-21 im Museum technikum29  (Foto technikum29 CC BY-NC 4.0)

In der Mitte der 1950er-Jahre begann die Kooperation zwischen Schoppe & Faeser und dem kalifornischen Computerhersteller Librascope, der zur General Precision Inc. gehörte. Ab 1958 fertigte die Mindener Firma den Librascope-Röhrenrechner LGP-30 in Lizenz und verkaufte ihn über die Eurocomp GmbH. Ein Exemplar gelangte ins HNF, es ist oben im Eingangsbild zu sehen. Auf die LGP-30 folgten die Transistor-Version RPC 4000 und die kompakte LGP-21. Sie wurde bis zum Ende der 1960er-Jahre gebaut; zwei Anlagen besitzt das technikum29 in Kelkheim.

Mit der LGP-21 endete die Mindener Rechnerproduktion; sie führte zu rund 200 Computern. Danach konzentrierte sich Schoppe & Faeser auf Systeme für die Automatisierung. Seit 1951 hielt die Frankfurter Hartmann & Braun AG 50 Prozent des Gesellschaftskapitals. Ab 1980 wurde dieses Unternehmen von einem Eigentümer zum nächsten geschoben; 1999 landete es bei einem bekannten schwedisch-schweizerischen Konzern. 75 Jahre nach der Gründung tragen die Schoppe-Faeser-Gebäude also die drei Buchstaben ABB. Wir schließen mit einem Foto der zwei Gründerväter, das wohl in den Siebzigern entstand.

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