Und es hat Pong gemacht

Geschrieben am 28.11.2017 von

1972 ist das Geburtsjahr des Videospiels. Im September erschien in den USA die Konsole Odyssey. Sie brachte ein elektronisches Tischtennis auf den Fernseher. Einen Monat zuvor installierte eine Kneipe in Kalifornien ein ähnliches Spiel namens Pong als Münzautomat. Am 27. Juni 1972 wurde der Hersteller Atari gegründet, am 29. November kündigte er die Serienproduktion an.

Im echten Manne ist ein Kind versteckt, das spielen will. Das wusste im 19. Jahrhundert der Denker Friedrich Nietzsche, den wir schon als Nutzer einer Schreibmaschine kennen. 1969 spielten zwei Männer in den USA an einer anderen Maschine – sie ist hier im Video zu sehen. Ralph Baer und Bill Harrison arbeiteten im Bundesstaat New Hampshire in einer Elektronikfabrik. Dort erfand Baer einen Schaltkreis mit Transistoren, der Tischtennis auf einen angeschlossenen Fernseher zauberte. Wie der Film zeigt, funktionierte es ganz gut.

Interaktive Videospiele gab es in Amerika schon länger. 1958 programmierte der Physiker William Higinbotham auf einem Analogrechner Tennis for Two; den Ball verfolgten die Teilnehmer auf einem Oszilloskop. 1962 installierten Studenten des Massachusetts Institute of Technology das erste digitale Spiel, Spacewar! mit Ausrufezeichen. In den folgenden Jahren verbreitete es sich in Universitätsinstituten und Computerfirmen. Da es aber einen Rechner von Kühlschrankgröße benötigte, blieb der Benutzerkreis relativ klein.

Im November 1971 brachte der kalifornische Automatenbauer Nutting eine abgespeckte Version heraus. Computer Space besaß ein futuristisches Design und eine Steuerung aus Logikchips. Entworfen hatten sie der 1943 in Utah geborene Nolan Bushnell und der etwas ältere Kalifornier Ted Dabney. Die beiden Ingenieure kannten sich aus der Videotechnikfirma Ampex und gründeten dann ein Unternehmen mit dem zungenbrechenden Namen Syzygy. Nutting setzte über tausend Computer-Space-Türme ab; 1974 ging die Firma aber pleite.

Traum aus Glasfiber: Computer Space

Ralph Baer musste noch drei Jahre warten, bis seine 1969 fertige Erfindung die Kunden erreichte. Die Firma Magnavox, die Radios, Fernseher und Plattenspieler produzierte, verkaufte sie ab September 1972 unter den Namen Odyssey. Das System bot ein Dutzend Spiele an, von denen aber nur Tischtennis mit dem nackten Fernseher lief. Bei den anderen wurden zusätzlich bunte Plastikfolien auf den Bildschirm gesetzt. Das Basismodul und zwei Steuergeräte zeigt unser Eingangsbild. 1974 erschien die deutsche Version.

Nolan Bushnell erlebte Ralph Baers Spiel bei einer Vorab-Präsentation im Mai 1972. Er war beeindruckt und beauftragte den jungen Syzygy-Elektroniker Allan Alcorn mit der Entwicklung einer Kopie. Dabei dachte er an die Nutzung in Gestalt eines Münzautomaten. Alcorn fand in drei Monaten eine ausgefeilte Schaltung mit Logikchips. Anschließend zimmerte er eine Verkleidung für die Hardware und den Fernseher; dazu kam die Box für das Geld. Das Ganze wurde im August 1972 im Silicon-Valley-Städtchen Sunnyvale aufgestellt.

Der Apparat trug den Namen Pong wie in Ping Pong, das darauf laufende Spiel war aber mit einigen Verfeinerungen das aus dem Odyssey-System. Den Gästen von Andy Capp’s Tavern – so hieß der Aufstellungsort – war das egal. Sie spielten was die Portemonnaies hergaben; der Legende nach war das Kästchen für die Münzen nach wenigen Tagen verstopft. Nolan Bushnell hatte zunächst daran gedacht, Pong von etablierten Automatenfirmen lizensieren zu lassen. Der Erfolg des Prototyps stimmte ihn jedoch um.

Pong-Arcade-Spiel (Foto spablab CC BY 2.0)

Am 29. November 1972 gab Atari, Inc. die Fertigung von Pong bekannt. Bushnell hatte das Unternehmen am 27. Juni 1972 gegründet; das Wort „Atari“ entstammte dem japanischen Go-Spiel. Wie eine Anzeige von damals belegt, war der Name Syzygy aber noch präsent. Ein anderes Bild zeigt die Spitze der Firma: ganz links steht Ted Dabney, weiter rechts strahlt Nolan Bushnell in die Kamera. Der Herr im guten Anzug ist Finanzchef Fred Marincheck und der mit Bart der Nerd vom Dienst Al Alcorn.

Bis Ende 1972 verkaufte Magnavox rund 100.000 Odysseen. Bei Atari trafen bis Jahresende 2.500 Bestellungen ein; 1973 folgten weitere 8.000. Für ein Versandhaus baute die Firma 1975 eine Konsole Home Pong ; davon wurden im selben Jahr 150.000 Stück abgesetzt. Da Nolan Bushnell die Patentierung vernachlässigt hatte, entstanden überall Pong-Kopien und vergleichbare Videospiele. Umgekehrt drohte Magnavox Atari mit einer Klage wegen Patentverletzung. Man einigte sich außergerichtlich; Bushnell zahlte 700.000 Dollar.

Mit Odyssey und Pong begann der Aufstieg der Videospielbranche. Auch andere Entwickler leisteten wichtige Beiträge: Zu nennen sind vor allem die japanischen Unternehmen und Spiele wie Pac-Man oder Donkey Kong. Nolan Bushnell wurde 1978 aus Atari herausgedrängt und versucht sich danach in allen möglichen Projekten. Ralph Baer erfuhr seine verdiente Anerkennung, auch in Deutschland, wo er im Jahr 1922 geboren wurde. Er starb 2014 in New Hampshire. Richtig Pong spielen kann man etwa hier – wir wünschen viel Spaß.

Tags: , , , , , , , , , , , , , , , , , , , , ,

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Wir stellen diese Frage, um Menschen von Robotern zu unterscheiden.