John von Neumanns Maschine

Geschrieben am 10.06.2022 von

John von Neumann erdachte die nach ihm benannte Computerarchitektur, der Mathematiker schuf aber auch einen einflussreichen Computer. 1945 begann er im Institute for Advanced Study im amerikanischen Princeton mit der Entwicklung der IAS-Maschine. 1951 rechnete sie ihre ersten Programme, am 10. Juni 1952 nahm sie den regulären Betrieb auf. 1960 kam sie in ein Museum.

Unter den Großen der Informatik war er einer der größten: John von Neumann. Geboren am 28. Dezember 1903 in Budapest, arbeitete der Mathematiker in Berlin und ab 1933 in den USA. Sein Büro befand sich nahe der Universität Princeton im Institute for Advanced Study oder IAS. Im Juni 1945 erschien sein First Draft of a Report on the EDVAC. Der „Entwurf“ beschrieb einen Elektronenrechner mit Ein- und Ausgabe, Rechen- und Leitwerk sowie einem Speicher für Daten und Programme, kurz, mit einer Von-Neumann-Architektur.

Damals ging das erste Elektronenhirn ENIAC in Philadelphia der Vollendung entgegen. John von Neumann überlegte, wie man die neue Technik am besten weiterführen könnte, und er beschloss, selbst aktiv zu werden. Im November 1945 brachte er ein Projekt des IAS für einen weiteren Elektronenrechner auf den Weg. An der Finanzierung beteiligten sich die Streitkräfte, die Atomenergie-Kommission und der Radio- und Fernsehgeräte-Hersteller RCA. Von Neumann schätzte die Gesamtkosten auf 300.000 Dollar.

Einweihung der IAS-Maschine 1952: von links Julian Bigelow, Herman Goldstine, IAS-Direktor Robert Oppenheimer, John von Neumann (Foto Ibigelow CC BY-SA 3.0 oben beschnitten)

Die Projektarbeit begann am 1. Januar 1946 im Keller der Fuld Hall, des Hauptgebäudes des IAS; später bezogen die Mitarbeiter freundlichere Räume. An der Spitze des Unternehmens stand John von Neumann; die Nummer Zwei war der 1913 geborene Mathematiker Herman Goldstine. Er hatte vorher bereits an der Entwicklung des ENIAC mitgewirkt. Chefingenieur wurde der gleichaltrige Julian Bigelow. Weitere wichtige Mitarbeiter waren der Ingenieur James Pomerene, der Physiker Ralph Slutz und der Mathematiker Arthur Burks.

In den nächsten Jahren wuchs die IAS-Maschine auf eine Breite und Höhe von drei Metern heran; das Gewicht betrug eine halbe Tonne. Im Inneren steckten 1.700 Elektronen- und vierzig Fernsehröhren: sie dienten als Datenspeicher. Zur Verfügung standen 1.024 Worte von vierzig Bit, umgerechnet 5,1 Kilobyte; ein Wort nahm – man denke an die Von-Neumann-Architektur – eine Zahl oder zwei Befehle auf. Der IAS-Computer arbeitete asynchron; die Anweisungen des Programms wurden einfach nacheinander ausgeführt. Eine Addition dauerte 62 Mikrosekunden, eine Multiplikation 713 Mikrosekunden.

Zylinder für die Speicherröhren im unteren Teil des Rechners; jede Röhre fasste 1.024 Bit. (Foto National Museum of American History, Smithsonian Institution)

Im Frühjahr 1951 bearbeitete die IAS-Maschine die ersten Aufgaben; im Sommer wurde sie zwei Monate lang rund um die Uhr für Rechnungen zur Wasserstoffbombe benutzt. Am 10. Juni 1952 erfolgte die offizielle Einweihung. Die Pressemitteilung lässt sich hier nachlesen; bitte unter dem Bild das rechte Kästchen in der ersten Reihe anklicken. Die Kalkulationen zur H-Bombe kamen im Pressetext nicht vor, dafür aber solche zur Wettervorhersage. Diese Anwendung des Computers lag John von Neumann besonders am Herzen.

Während der Konstruktion und des Betriebs der IAS-Maschine hielt von Neumann nichts geheim. Er und seine Kollegen veröffentlichten alle Unterlagen, die ab 1946 zur Hardware und Software erstellt wurden. Von 1952 an erschienen in den USA und in anderen Ländern neunzehn Nachbauten, von denen einige in Serie gingen. Im Blog behandelten wir schon den dänischen DASK, den WEIZAC in Israel und die IBM 701. Der IAS-Rechner ist neben der Von-Neumann-Architektur der wichtigste Beitrag des Mathematikers zur Informatik.

Ingenieur James Pomerene mit einer Speicherröhre (Foto Apomerene CC BY-SA 4.0)

John von Neumann starb am 8. Februar 1957 in Washington; die IAS-Maschine wurde 1958 an die Universität Princeton abgegeben. Im Jahr 1960 gelangte sie in die amerikanische Bundeshauptstadt und in ein Depot der Smithsonian Institution. Hier entstand 1966 ein Film mit dem Computer und mit Herman Goldstine; seine Begleiterin war die in Berlin geborene Kuratorin Uta Merzbach. Der Rechner ist natürlich oben in unserem Eingangsbild zu sehen. (Foto National Museum of American History, Smithsonian Institution).

Auf John von Neumanns „First Draft“ für ein Elektronengehirn wiesen wir am Anfang des Blog hin. Wer sich beim Internet Archive anmeldet, findet dort seine gesammelten Schriften zur Informatik und sein letztes Werk The Computer and the Brain. Direkt zugänglich sind seine Papiere über sich selbst reproduzierende Automaten und sein Fernsehauftritt von 1955.

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